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Cornelia Yzer. Keine vier Tage hat Frank Henkel gebraucht, um eine Nachfolgerin für Sybille von Obernitz zu finden.

© dpa

Berlins designierte Wirtschaftssenatorin: Cornelia Yzer: Von der Politik zum Lobbyismus und zurück

Leicht verfänglich: Die CDU will Cornelia Yzer zu Berlins Wirtschaftssenatorin machen. 15 Jahre lang war sie Deutschlands mächtigste Pharmalobbyistin - und half mit, Gesetze zu verhindern, die den Krankenkassen Geld sparen sollten.

Die neue Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer ist eine Frau mit reichlich Vergangenheit. 15 Jahre lang war sie Deutschlands mächtigste Pharmalobbyistin. Vorausgegangen war eine steile Karriere in der Politik – und im Chemie- und Pharmakonzern Bayer. Die Juristin wurde dort Referatsleiterin für Umweltschutz.

Die Pharmaindustrie hat in Deutschland keinen besonders guten Ruf, viele halten sie für profitgierig und manipulativ. Cornelia Yzer passte für Kritiker in dieses Bild. Sie galt und gilt als kühl berechnend und technokratisch, als harte Verhandlerin und als sehr durchsetzungsfähig.

Yzer umwehe „eine Aura des Kalten“ sagte ein ehemaliger Mitarbeiter einmal über sie. Natürlich hat die Industrie auch eine andere Seite – immerhin heilen Arzneimittel Krankheiten und retten Menschenleben, zugleich ist die Branche ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und Arbeitgeber. Am eher schlechten Image haben diese Aspekte bis heute wenig geändert.

Als Pharmalobbyistin war Cornelia Yzer über Jahre dennoch sehr erfolgreich. Sie hat die Positivliste verhindert, einen Katalog wirksamer Arzneimittel, mit dem die Krankenkassen Geld sparen und die Therapie effizienter gestalten wollten. 2004 drohte erneut Ungemach. Denn das zu dieser Zeit gegründete Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen sollte eigentlich als unabhängige Einrichtung Kosten-Nutzen-Analysen von Arzneimitteln anstellen. Im Klartext kann das heißen: Wie viel kostet es, mit dem Medikament XY das Leben um ein Jahr zu verlängern? Dieser international mittlerweile übliche Ansatz scheiterte am Widerstand der Pharmaindustrie.

Immer vor der Tür. Lobbyisten gehören zum politischen Geschäft, und was haben sie im Aktenkoffer? Natürlich nur Werbematerial für gute Absichten.

© Kai-Uwe Heinrich

Nicht verhindern konnte Yzer die gesetzliche Kostenbremse, die der damalige Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) Anfang 2011 der Branche verordnete. Das „Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarkts“ brachte Zwangsrabatte und für neue Arzneimittel Preisverhandlungen mit den Krankenkassen. Mitte 2011 verließ Yzer den VfA – offenbar, weil sie die Sparmaßnahmen nicht verhindern konnte.

Cornelia Yzer verfügt über ausgezeichnete Kontakte in Politik, Wirtschaft und Biomedizin, hinzu kommen Ehrgeiz, Effizienzdenken und Erfahrung. Für Berlin ist das von Bedeutung, weil die Stadt in der Verknüpfung von Medizin, Wissenschaft und Industrie eines ihrer Zukunftsfelder sieht. „Die Wahl passt zur Gesundheitsstadt Berlin und ist ein Bekenntnis zum Wissenschaftsstandort“, sagt Karl Max Einhäupl, Vorstandsvorsitzender der Charité. „Die Berufung von Frau Yzer ist eine sehr gute Wahl“, findet Detlev Ganten, Chef der Stiftung Charité.

Ähnlich sieht das Walter Rosenthal, Vorstand des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) in Berlin-Buch. Das international renommierte Forschungszentrum soll künftig mit der Charité unter ein gemeinsames Dach geführt werden. Eine der Hauptaufgaben für Yzer, die von 1994 bis 1997 Kuratoriumsvorsitzende am MDC war.

„Mit ihrer Erfahrung in Industrie und Forschung hat Cornelia Yzer ideale Voraussetzungen, um beide Welten zu verbinden“, sagt Rosenthal. Forschung dürfe aber nicht nur unter dem Aspekt wirtschaftlicher Anwendung gesehen werden, warnt Rosenthal. Und mahnt, dass der „künstliche Schnitt“ zwischen Wissenschaft und Forschung in der Ressortaufteilung des Senats über kurz oder lang korrigiert werden sollte.

Freundliche Worte findet auch Cornelia Yzers ehemaliger Arbeitgeber. „Berlin hat sich in den letzten Jahren zu einem der wichtigsten deutschen Standorte für die Gesundheitswirtschaft entwickelt“, sagt Andreas Fibig, Leiter der Abteilung Arzneimittel bei Bayer Healthcare. „Ihre langjährige Erfahrung in Politik und Industrie wird Frau Yzer helfen, wichtige Impulse für den Ausbau der Wirtschaftskraft des Wissenschafts- und Gesundheitsstandorts Berlin zu setzen.“

Yzer selbst sagte zu ihrer Tätigkeit als Verbandsvertreterin, sie habe Seitenwechsel – von der Politik in die Wirtschaft und zurück – immer richtig gefunden. Gegen „klare Interessenvertretung“ habe sie nichts. Sie verfüge über Erfahrung, wenn sie „auf staatlicher Seite“ mit Lobbyisten zu tun habe.

Die Opposition im Abgeordnetenhaus nahm die Personalie kühl auf. Der Piraten-Abgeordnete Christoph Lauer sagte, „linientreuer“ gehe es wohl nicht. Frank Henkel dürfte von ihr mit Sicherheit nicht überrascht werden. Die wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen, Nicole Ludwig, sagte, sie wolle Yzer aufgrund ihrer Vergangenheit nicht „vorverurteilen“. Dass es eine Frau ist, die für Sybille von Obernitz in den Senat aufrückt, begrüßte Ludwig ausdrücklich.

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