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Berlin: Das Eis ist gebrochen

Der Presseball feierte im Zeichen Schwedens Gelungener Auftakt für die neue Festleitung

Zum Glück geht’s wieder aufwärts mit dem Berliner Presseball. Denn es gibt keine andere Veranstaltung, die mit so viel lokalspezifischem Charme die abgründigen Seiten dieser Stadt offen legt. Nein, nein, die Rede ist ausnahmsweise nicht von der Kleidung. Die kessen geschmacklichen Ausreißer von früher gibt es nicht mehr, die Sitte, sich aus Spitzendeckchen vom Flohmarkt Abendkleider zu schneidern, scheint endgültig begraben. Das modische Niveau hat sich auf einem dezent gehobenen Mittelmaß eingependelt, natürlich nicht so designerverrückt wie bei den Charity-Galas mit Flugzeugladungen voller Münchnerinnen, aber durchweg comme il faut. Dass die Büfetts vor dem Parkett gestürmt werden, fällt auch nicht ins Gewicht.

Und die Musik war richtig gut. Mit „Schweden“ als Motto kann man wohl nichts falsch machen. „Abbamania“ waren wunderbar, traten allerdings erst um ein Uhr nachts auf. Aber auch die weniger bekannten Gruppen sangen animierend. Es kommt bei Bällen nicht unbedingt darauf an, mit berühmten Band-Namen zu protzen, solange die Musikauswahl stimmt. Bisschen Udo Jürgens, bisschen Marianne Rosenberg mag etwas platt klingen, funktioniert aber perfekt. Der Ablauf müsste freilich gestrafft werden, so viel Zeit wie im alten West-Berlin hat heute kein Mensch mehr.

Im vergangenen Jahr hatte es wegen der Querelen innerhalb des veranstaltenden Verbandes so ausgesehen, als stünde der Ball vor dem Aus. Diesmal begrüßte mit Peter Pistorius an der Spitze ein neu gewählter Vorstand die Gäste, und alle Signale stehen auf Versöhnung und Neuanfang. Entsprechend schwungvoll war die Moderation des neuen stellvertretenden Vorsitzenden Andreas Dorfmann.

Anne und Walter Momper waren dabei, die schwedische Agrarministerin Ann-Christin Nykvist, ebenso die Botschafter Schwedens und Großbritanniens, Carl Tham und Sir Peter Torry. Nach zwei Ausrunden war strahlend auch der Regierende Bürgermeister wieder unter den 1300 Gästen im Ritz-Carlton. Klaus Wowereit nutzte seine Rede dazu, die Fifa zur Offenlegung „der wahren Gründe“ für die WM-Gala-Absage aufzufordern.

Wo es beim Ballgeflüster um den Zustand der Berliner Politik ging, wurde es etwas bizarr. Alexander von Bismarck, Unternehmer aus Stendal, empfahl sich ganz unverhohlen als Kandidat für das Amt des Regierenden Bürgermeisters, schließlich sei er seit 1972 CDU-Mitglied, seine Schwester sei mit Uwe Barschel verheiratet gewesen, und mit seiner aus St. Petersburg stammenden Frau Irina sei er in der Lage, auch die vielen russischen Berliner anzusprechen. Monika Grütters eilte zwar an ihm vorbei, und Christoph Stölzl bekannte, ihn gar nicht zu kennen. Dafür tanzte er mit Prinzessin Birgitta von Schweden.

So viel blaues Blut beim Ball war nie, und wie es dazu kam, ist auch so eine typische Presseballgeschichte. Zu dessen langjährigen Sponsoren gehört die Fotografin Daniela Urbschat, die sich bei der Party zu ihrem 50. Geburtstag in ihre Jugendliebe Frank von Coburg neu verliebt hat. Prompt verlegte der künftige neue Gatte seine auf Adelsleute spezialisierte Eventagentur an die Spree.

107 Pressebälle hat die Stadt schon überstanden. Da kann so was auch nicht mehr erschüttern.

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