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In den kommenden fünf Jahren müssen bei der BVG 10.000 neue Mitarbeiter eingestellt werden.

© IMAGO/Political-Moments

„Das kommt einfach auf uns zu“: BVG schließt Vier-Tage-Woche nicht aus

In den kommenden fünf Jahren müssen bei der BVG 10.000 Mitarbeiter eingestellt werden. Um Leute zu finden, plant das Unternehmen neue Arbeitszeitmodelle.

Die neue Personalvorständin der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) schließt eine Vier-Tage-Woche für Deutschlands größten Nahverkehrsbetrieb nicht aus. „Der Arbeitsmarkt hat sich dramatisch verändert. Nun müssen wir uns als Unternehmen verändern“, sagte Jenny Zeller am Mittwoch vor Journalisten. Die 48-Jährige ist seit Januar Vorständin für Personal und Soziales bei der BVG und verantwortlich für fast 16.000 Mitarbeiter. Zuvor war sie Arbeitsdirektorin bei der Berliner S-Bahn.

Die Personalsituation bei der BVG ist weiter angespannt. Die im August eingeführte Reduzierung des Busverkehrs bleibe deshalb so lange bestehen, bis ein konstanter Betrieb wieder gewährleistet werden kann. Mit Genehmigung der Verkehrsverwaltung hatte die BVG die Leistung im Busbereich im Sommer um knapp drei Prozent eingeschränkt.

Dichtere Takte und neue Linien erfordern mehr Personal

In den kommenden fünf Jahren müssen bei der BVG 10.000 neue Mitarbeiter eingestellt werden, in diesem Jahr 2300. Das Unternehmen kämpft nicht nur mit dem Faktor Demografie, sondern auch mit zunehmender Fluktuation. Früher blieben die BVGer 40 Jahre im Betrieb, heute sei es nicht ungewöhnlich, dass Mitarbeiter nach zwei oder fünf Jahren schon wieder „weiterziehen“, wie Zeller berichtete. Ein weiterer Grund für den steigenden Personalbedarf: Busse und Bahnen sollen in dichterem Takt und auf neuen Linien fahren, das braucht zusätzliche Leute. Im Spätsommer soll zum Beispiel die Straßenbahn vom Hauptbahnhof zur Turmstraße verlängert werden.

Seit Jahren klagt die BVG darüber, dass die Beschleunigung von Bussen und Straßenbahnen nicht vorankommt. Zeller sagte: „Wir werden leider immer langsamer.“ Das koste dem Unternehmen viel Geld, weil mehr Fahrzeuge und mehr Fahrer benötigt werden. Schlimm sei es gerade in Köpenick, der Dauerstau an der Bahnbaustelle zerschieße jeden Fahrplan und jeden Dienstplan. Die Fahrer seien dadurch belastet, auch weil sie den Frust der Fahrgäste abbekommen.

Ein Fahrer mit gültigem Führerschein ist wie Goldstaub.

Jenny Zeller, BVG-Personalvorständin

Etwa die Hälfte der jährlich 2000 benötigten Mitarbeiter seien Fahrer, hieß es. Die werden seit Jahren in ganz Deutschland dringend gesucht. „Ein Fahrer mit gültigem Führerschein ist wie Goldstaub“, beschrieb Zeller die schwierige Personalsuche.

Künftig bekommen alle Auszubildenden beim Start eine Einstellungsgarantie, Mitarbeiter bekommen mittlerweile 1500 Euro Prämie, wenn sie einen Freund oder Freundin für die BVG werben. Für eine Bewerbung ist nicht einmal das früher obligatorische Anschreiben nötig. Und für die nächste Gehaltstarifrunde im Jahr 2025 sicherte Zeller der für die BVG zuständigen Gewerkschaft Verdi schon jetzt eine Weiterentwicklung des schon jetzt „guten Lohnniveaus“ zu.

„Riesenthema“ in allen Verkehrsbetrieben

Doch all das reicht nicht, sagte die neue Personalchefin vor einem kleinen Kreis Journalisten. Erforderlich sei eine „Weiterentwicklung von Arbeitszeitmodellen“, damit die BVG als Arbeitgeber attraktiv bleibe. „Am Ende müssen wir auch über die Vier-Tage-Woche sprechen“, sagte Zeller. „Das kommt einfach auf uns zu.“ Vor drei Wochen hatte SPD-Chefin Saskia Esken die Diskussion über das Thema mit ihrer Forderung nach einer Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich bundesweit angestoßen.

BVG-Personalvorständin Jenny Zeller ist verantwortlich für 16.000 Mitarbeiter.
BVG-Personalvorständin Jenny Zeller ist verantwortlich für 16.000 Mitarbeiter.

© Foto: BVG / Oliver Lang

Unterstützung erhielt Esken von den Gewerkschaften, Unternehmensverbände kritisierten das Modell. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte gesagt, er könne sich eine Vier-Tage-Woche nicht für alle Branchen vorstellen. BVG-Personalvorständin Zeller ist da offener, sie schließt keine Berufsgruppen aus: „Wir könnten das einfach mal ausprobieren.“ Die BVG ist das größte Landesunternehmen in Berlin und der viertgrößte Arbeitgeber.

Die Vier-Tage-Woche sei ein „Riesenthema“ in allen Verkehrsbetrieben. Sicher sei es für Bürojobs einfacher als im Fahrdienst. Dort sei eher eine Flexibilisierung des Schichtdiensts interessant, vermutet Zeller: „Es gibt nicht die eine Lösung für alle.“ Denn die harten Arbeitszeiten, rund um die Uhr, sieben Tage die Woche, die gehören nun mal zu einem Verkehrsunternehmen. Zeller rechnet aber nicht damit, dass die Vier-Tage-Woche schon in der nächsten Tarifrunde 2024 Thema werde. In Berlin hat sich die Gewerkschaft Verdi dem Vernehmen nach aber noch nicht positioniert.

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