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Berlin: Das Personal fehlt: Start der Ganztagsschulen gefährdet

Eltern und Experten fürchten ein Scheitern der anstehenden Reformvorhaben Grundschulverband sieht zu wenig Vorbereitungszeit für das Projekt

An Berlins Grundschulen baut sich aus Sorge um das kommende Schuljahr eine Protestbewegung auf. Eltern, Lehrer und Schulleiter sind gleichermaßen unsicher, ob all die Reformen, die auf sie zukommen, zu bewältigen sind. Jetzt warnte die neu gegründete Interessenvertretung der Ganztagsschulen sogar davor, dass Anträge auf Ganztagsbetrieb möglicherweise zurückgezogen würden, falls es keine bessere Ausstattung mit Erzieherinnen gebe. Der Grundschulverband fordert von Bildungssenator Klaus Böger (SPD) noch in den verbleibenden drei Wochen vor den Ferien eine „Bestandsaufnahme“ der ungelösten Probleme.

„Es passiert einfach zu viel auf einmal“, erklärt Peter Heyer vom Grundschulverband die Befürchtungen, die von Tag zu Tag größer werden. Je näher die Ferien rückten, desto deutlicher werde, dass die Vorbereitungszeit für alle Reformvorhaben nicht reiche. Verstärkt wird die Angst vor den vielen Neuerungen dadurch, dass die erhofften jungen Lehrer ausbleiben. Wie berichtet, hatte der Bildungssenator jetzt bestätigt, dass die 450 Grundschulen nur mit 30 jungen Lehrern fest rechnen können, obwohl sie statt der üblichen 25 000 Erstklässler im kommenden Schuljahr 38 000 Anfänger haben werden.

Böger will das offensichtliche Defizit dadurch stopfen, dass 190 Lehrer von Oberschulen in die Grundschulen versetzt werden. Dies aber bringt neue Probleme: Die Oberschullehrer können nur in den oberen Grundschulklassen eingesetzt werden. Die dort unterrichtenden Lehrer sollen die „Kleinen“ übernehmen. Eine Folge ist, dass tausende Grundschüler ihre Klassenlehrerinnen verlieren. Schon gibt es deshalb erste Proteste von Eltern. Kaum jemand, der nicht in irgendeiner Form von dem Dilemma betroffen ist: So berichtete gestern eine Mutter der Pankower Rudolf-Dörrier-Grundschule, dass wegen Personalmangels die zweiten Klassen zusammengelegt werden müssen. Die künftige Klasse 3a bestehe dann aus 29 Schülern und verliere zugunsten der vielen Erstklässler auch noch die Klassenlehrerin und die Horterzieherin.

Was Eltern und Schulleiter außerdem umtreibt, ist die unklare Hort-Situation. Da die Horte nach den Ferien größtenteils in die Schulen verlagert werden, sind Umbauten nötig, die noch nicht überall abgeschlossen sind. Zum Teil wurde noch nicht einmal damit begonnen. Zudem ist nicht absehbar, wieviele Kinder Anspruch auf Hortbetreuung haben werden. Manche Schulen wissen außerdem noch nicht, wieviele und welche Erzieherinnen bei ihnen anfangen werden.

Die Schulen befürchten, dass das Betreuungspersonal nicht reichen wird: Zwar gebe es rechnerisch eine Erzieherin für 22 Kinder. Es sei aber kaum möglich, den Personalschlüssel ganztägig zu halten – vor allem nicht in den „Kernzeiten“ von 13.30 bis 16 Uhr, sagt Mario Dobe von der Interessenvertretung der Ganztagsschulen. Er befürchtet zudem, dass die Kinder mit Sprachproblemen nicht genug gefördert werden können. Mehr Erzieherinnen gebe es erst ab einer Quote von mehr als 40 Prozent Kindern ausländischer Herkunft. Wenn eine Schule 70 Prozent hat, bekomme sie die Zuschläge nur für die Anzahl von Kindern, die über die 40-Prozent-Marke hinausgingen. Das reiche nicht aus. Um auf all die Probleme hinzuweisen und mehr Personal zu fordern, haben die Ganztagsschulen den Bildungssenator sowie die Fraktionsspitzen und Schulpolitiker des Abgeordnetenhauses am 9. Juni zu einem Gespräch eingeladen.

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