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Berlin: Das preiswerte Museum DAS PROJEKT GESTRICHENE PLANUNG VERWORFENER STANDORT

Nach sieben Jahren Obdachlosigkeit bezieht die Berlinische Galerie ein neues Haus. Ein Fall, in dem Kulturförderung nicht zur Kostenexplosion führte

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Es muss nicht sündhaft teuer sein, die Kultur zu fördern. Die Berlinische Galerie, die in ein ehemaliges Glaslager in der Alten Jakobstraße umzieht, ist dafür ein gutes Beispiel. Gestern war Richtfest, im Herbst wird das Museum eröffnet. Kauf und Sanierung der Industriehalle in der Nähe des Jüdischen Museums werden 18,7 Millionen Euro kosten. Das ist ein Bruchteil dessen, was 1997 veranschlagt wurde, als der Senat für das Museum eine neue Heimstatt suchte. Damals war von 43,5 Millionen Euro als „Anfangsinvestition“ die Rede.

Bis 1997 war die Berlinische Galerie im Martin-Gropius-Bau untergebracht, der im großen Stil umgebaut wurde. Die Sammlung musste ausziehen. Aber wohin? Der damalige CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky, ein Freund der bildenden Kunst, wollte das Standortproblem elegant und ohne Rücksicht auf die Kosten lösen. Das frühere Postfuhramt an der Oranienburger Straße, ein prächtiger Bau unter Denkmalschutz, sollte vom Land gekauft und für die Berlinische Galerie hergerichtet werden. Das war jedenfalls die Idee von Landowsky und Kultursenator Peter Radunski (CDU). Der Direktor der Galerie, Jörn Merkert, bot in seiner Not an, die Sanierungskosten über private Sponsoren hereinzuholen.

„Ein völlig unrealistischer Plan“, sagt die SPD-Politikerin Annette Fugmann-Heesing, die damals Finanzsenatorin war und heute dem Förderverein der Berlinischen Galerie vorsitzt. „Ganz schnell wären 50 Millionen Euro und mehr aus dem Landeshaushalt weg gewesen.“ Sie stoppte das Vorhaben, „denn das Museum wäre in ein Abenteuer geraten, das es nie hätte bestehen können“. Landowsky empfand das als schlimme Niederlage. Für ihn war das Postfuhramt „kulturell und städtebaulich das, was früher in den gotischen Kirchen der Schlussstein gewesen ist“. Der Senat fand stattdessen ein bezahlbares Ausweichquartier: die Kellergewölbe der alten Schultheiss-Brauerei in Kreuzberg.

Im Oktober 1998 kamen Vertreter des Senats, des zuständigen Bezirks, des Bauträgers und der Berlinischen Galerie am runden Tisch überein: Das so genannte „Viktoria Quartier“ in der Methfesselstraße sei ein guter Standort zu vernünftigen Konditionen. Die Kosten für Kauf und Umbau: 16,4 Millionen Euro. Preistreibende Forderungen des Bezirks wurden abgewimmelt. Aber so ein Pech! Am 6. September 2001 wurde der Bauantrag endlich eingereicht, drei Wochen später ging der Investor in Konkurs. So ein Glück! Beim Abschluss des Kaufvertrags hatte Fugmann-Heesing gegen den Widerstand ihres Senatskollegen Radunski durchgesetzt, dass die Deutsche Bank für die Kaufsumme bürgte. Diese Bürgschaft wurde 2002 in voller Höhe an das Land Berlin ausgezahlt.

Mit diesem Geld wird nun das neue Haus für die Berlinische Galerie finanziert. Die Schultheiss-Brauerei, die einen neuen Investor fand, kam nicht mehr in Frage. Dort wäre der Kaufpreis kräftig in die Höhe geklettert. Im Senat plädierte nur noch Bausenator Peter Strieder (SPD) für den alten Standort. Der Förderverein der Berlinischen Galerie war anders drauf. „Wir wollten uns auf realistische Alternativen beschränken, die finanziell nicht auf das Prinzip Hoffnung bauen“, sagt die Vorsitzende Fugmann-Heesing. Aus etwa zehn Objekten wurde das ehemalige Glaslager in der Alten Jakobstraße 124-128 ausgewählt. Ein schnörkelloses Gebäude, aus dem die DIBAG Industriebau AG ein schlüsselfertiges Museum macht. Inklusive Magazin- und Büroräumen. Auf die ursprünglich geplante gläserne Vorhalle wurde aus Kostengründen verzichtet und für die Bestuhlung des Kinosaals und andere „Kleinteile“ werden noch Sponsoren gesucht.

Die Berlinische Galerie, ein Landesmuseum der besonderen Art, präsentiert herausragende Berliner Kunst von 1870 bis heute. Die Sammlung wurde 1975 von einer Gruppe um den Kunsthistoriker Eberhard Roters gegründet. Berlin als „Startplatz in die Moderne“ ist das übergreifende Thema. Bis 1986 war die Berlinische Galerie in der Jebensstraße (Charlottenburg) untergebracht. Bis 1997 stand das erste Obergeschoss des Martin-Gropius-Baus zur Verfügung. Organisiert wurden auch international beachtete Ausstellungen, zum Beispiel „Berlin-Moskau 1900-1950“. za

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