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Berlin: Das vernetzte Buch

Bibliotheken begegnen der schlechten Finanzsituation mit besserem Service und neuer Technik. Das spricht ein junges Publikum an

Wann war eigentlich der Dreißigjährige Krieg? Wem die Antwort auf diese Frage nicht auf Anhieb einfällt, der könnte zum Beispiel – in einer Bibliothek anrufen oder eine E-Mail dorthin schreiben. „Wir beantworten alle Sachfragen“, sagt Claudia Lux, Generaldirektorin der Zentral- und Landesbibliothek in Berlin. Wer selber die gesuchte Information finden will, kann in den Landesbüchereien auch Kurse belegen, zum Beispiel zur richtigen Internet-Recherche. Denn das ist die Aufgabe einer Bibliothek: Weitergabe von Wissen. Während dies in angelsächsischen Ländern längst bekannt sei, komme in Deutschland oft das Argument, inzwischen finde man doch alles im Internet. „Aber die richtigen Dokumente online finden ist sehr zeitaufwändig“, sagt Claudia Lux.

Nicht nur am Wissen über Bibliotheken fehlt es in Berlin, auch ihre Budgets sind knapp. In den 116 Büchereien wurden 2003 rund 19,5 Millionen Medien ausgeliehen. Doch zwischen 2002 und 2003 mussten laut statistischem Landesamt 15 Stadtteilbüchereien schließen. Allein im Bezirk Pankow schließen demnächst fünf Häuser. Und eine Umfrage der Senatskulturverwaltung bei den Bezirken hat ergeben, dass bis 2006 noch rund zehn Niederlassungen ihren Betrieb einstellen.

Dabei sind die meisten Bibliotheken dem Ruf, verstaubt zu sein, meilenweit voraus. Fast alle verfügen über Rechner mit Internetzugang, die gegen unterschiedlich hohe Gebühren genutzt werden können. In der Landesbibliothek kann man sich mit seinem Laptop über Funk ins Internet einloggen. Immer mehr junge Menschen nutzen den drahtlosen Anschluss zur Gruppenarbeit vor Ort. Seit Ende 2002 sind die Stadtteilbibliotheken über einen Online-Katalog verbunden. Wo welches Buch steht, lässt sich bequem von zu Hause aus herausfinden. Vor Ort gibt es Führungen, mit dem einheitlichen Bibliotheksausweis kann man in allen öffentlichen Häusern Bücher ausleihen und abgeben. In vielen Häusern stehen DVDs und neueste Bestseller zur Ausleihe bereit.

„Gerade nach den Ergebnissen von Pisa ist wieder deutlich geworden, dass Investitionen ins Bibliothekswesen gesamtgesellschaftliche Auswirkungen haben“, sagt Annette Gerlach, Vorsitzende des Regionalverbandes Berlin-Brandenburg des Vereins deutscher Bibliothekare. Singapur oder Finnland schneiden auch deshalb besser in der Schulstudie ab, so Annette Gerlach, weil sie viel Geld in ihre Bibliotheken stecken. Mehrere Bibliotheksverbände haben jetzt unter dem Motto „Ich weiß etwas, was du nicht weißt…“ eine Imagekampagne gestartet. Mit Gratiskonzerten in Bibliotheken, Vorträgen und gezielter Imagewerbung über Prominente wollen die Verbände den Nutzern zeigen, was sie leisten können.

Die Stadtteilbibliotheken haben sich ebenfalls Schwerpunkte gesetzt. In die Büchereien von Kreuzberg-Friedrichshain kommen jeden Tag Kindergruppen, die im Rahmen ihres Unterrichts dort Themen recherchieren müssen. Regelmäßig lesen ehrenamtliche Vorleser hier vor, es gibt auch eine Hausaufgabenhilfe. In Lichtenberg sind 2004 rund 412000 Euro in Medien investiert worden, auch in pädagogische Computerspiele und Bestseller. Auch hier stellt Bibliotheksamtsleiterin Evelin Müller fest: Es kommen wieder mehr Schüler zum Arbeiten in die Büchereien.

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