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Im Osten ging die Sonne auf. So sah die Eingangshalle des Palastes der Republik mit dem über fünf Meter hohen Kunstwerk „Gläserne Blume“ aus.

© picture alliance / ZB

DDR-Geschichte in Berlin: Zieht die Glasblume aus dem Palast der Republik ins Stadtschloss?

Die „Gläserne Blume“, einst beliebter Treffpunkt im Palast der Republik, liegt seit 1999 zerlegt in einem Depot. Jetzt wird geprüft, ob sie im Neubau des Stadtschlosses in irgendeiner Form neu erblühen könnte.

Gießen hilft hier schon lange nicht mehr, hat noch nie geholfen. Blumen brauchen Wasser, Glasblumen allenfalls neuen Klebstoff, um die durchsichtigen Blätter wieder zu fixieren. Und wenn es sich um ein tonnenschweres Exemplar handelt, sollte es ein besonders zäher Stoff sein. Kleber aus dem Supermarkt klebt im Falle eines Falles eben doch nicht alles.

Jedenfalls nicht die Blütenblätter der „Gläsernen Blume“, die einst das Foyer des Palasts der Republik zierte und dort der beliebteste und mit über fünf Metern Höhe auch unübersehbare Treffpunkt war. Seit der asbestbedingten Rückführung des Gebäudes auf den Rohbau im Jahr 1999, aus der dann der Komplettabriss wurde, ist das Gebilde aus Edelstahl und Glas aus den Augen der Öffentlichkeit verschwunden, doch deutet sich derzeit an, dass der blumenlose Zustand nicht für immer sein könnte, dass also auch das Stadtschloss seine „Gläserne Blume“ erhalten könnte.

Entschieden ist noch nichts, aber man denkt nach und erwägt, wie der Sprecher der Stiftung Berliner Stadtschloss, Bernhard Wolter, auf Anfrage bestätigte: „Wir prüfen, inwiefern wir im Schloss mit der ,Gläsernen Blume’ an den Palast erinnern können.“ Wo das geschehen könnte, an welchem Ort und ob es überhaupt möglich ist, all dies ist noch offen, zu viele Fragen sind vorher zu klären. In eine ähnliche Richtung zielt die Antwort des Senats auf eine Anfrage der Abgeordneten Klaus Lederer und Katrin Lompscher (Linke), wonach es in der Stiftung Berliner Schloss „lediglich erste Überlegungen“ gebe, die Geschichte des Ortes sichtbar zu machen „u.a. durch Apps, Hinweistafeln oder historische Spolien (z.B. die ,Gläserne Blume’ aus dem Palast der Republik)“.

Das fünf Tonnen schwere Original gehört dem Bundesfinanzministerium und wurde 1999 in die Obhut des Deutschen Historischen Museums gegeben, also wie auch die anderen Kunstwerke aus dem Palast vor der Zerstörung bewahrt. Die Blume lagert nun zerlegt und in Kisten verpackt in einem Depot in Spandau. Problematisch sei der mittlerweile verfärbte und auch zerbröselnde Kleber zwischen den Glasplatten, sagte Wolter, auch würden heute andere Bauvorschriften gelten als bei der Konstruktion der Blume 1976.

Immerhin gibt es bereits eine Mini-Blume im Maßstab 1:10, von dem damals beteiligten Glaskünstler Reginald Richter als Modell angefertigt. Ob dieses nun lediglich zur Anschauung dienen soll oder ersatzweise für das möglicherweise nicht mehr rekonstruierbare Original Verwendung finden kann, sofern der Schöpfer damit einverstanden ist – all dies sind offene Fragen, doch wieso sollte es bei solch einem Detail anders sein als beim Gesamtkonzept des Humboldt-Forums.

Für Honecker wurde der Gläserne Baum zur Blume

Wobei ursprünglich sogar strittig war, ob es sich überhaupt um eine Blume handelt. Den Auftrag hatte der Magdeburger Glasgestalter Richard Wilhelm bekommen, der sich das fragile Gebilde mit seinem künstlerischen Partner Reginald Richter – jetzt auch Schöpfer des Modells – ausdachte.

Eigentlich sollte es ein Baum sein: „Wir wollten das gerade Wachsen und die allseitig schöne Entfaltung des Baumes darstellen – als Wunsch und Symbol für das Gedeihen des Landes“, erzählte Wilhelm anlässlich der Asbestsanierung dem Tagesspiegel. Der Baum mit dem Stahlzylinder als Stamm und den acht mit geschliffenen Applikationen versehenen Kristallblättern habe zwischen dem Volkskammersaal und dem fürs normale Volk geöffneten Bereich „Offenheit und Transparenz“ vermitteln sollen. Der Bauherr hätte lieber farbige Blätter gesehen, Wilhelm bestand auf Transparenz.

In einem konnte er sich aber nicht durchsetzen. Bei der Eröffnung des Palasts wurde Wilhelm auch zu Erich Honecker gerufen, der das Werk lobte und ihm „noch viele solcher Kunstwerke wie diese Blume“ wünschte. Das irritierte ihn dann doch, da er gegenüber dem Generalsekretär immer vom „Baum“ sprach. Auch im „Neuen Deutschland“ war am folgenden Tag von der „Blume“ die Rede, woraufhin Wilhelm dort anrief, den Irrtum monierte, aber nur eine abweisende Antwort erhielt: „Wenn der Chef sagt, es ist eine Blume, dann ist das für uns eine Blume und kein Baum.“

Eine weitere Ernüchterung musste Wilhelm bei der Demontage der Blume erfahren. Da keine Zeitung zur Hand war, hatte er beim Zusammenbau in den Hohlraum des kugelförmigen Mittelteils einen Blankoscheck der Magdeburger Stadtsparkasse gelegt. Als er die Konstruktion 1999 auseinandernahm, war der Scheck weg.

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