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Berlin: Der Ernst der Komödie

Die Berlinale naht – Hollywood ist reisefertig. Dustin Hoffman machte schon mal den Anfang

„Jane? Tut mir Leid. Die Nummer ist richtig, aber die Person ist falsch.“ Endlich einer, der die Initiative ergreift. Die neun Journalisten haben das Bimmeln beharrlich ignoriert, besorgt um ihre kostbaren Interviewminuten in der Adlon-Suite – weiß der Teufel, wem das Handy auf der Anrichte gehört, wohl der PR-Frau, wo ist sie nur hin? Dustin Hoffman aber ist aufgestanden, hat sich das störende Monstrum gegriffen. Jane? Nein, mit der kann er nicht dienen, das ist ja auch leicht zu erklären: „Jane steht unter der Dusche, ich habe sie gerade eingeseift.“

Eins zu null für Hoffman. Die Runde kugelt sich vor Vergnügen, ha, eine kleine komödiantische Fingerübung von einem zweifachen Oscar-Preisträger kriegt man nicht jeden Tag geboten, aber so soll es auch sein. Schließlich geht es in „Meine Frau, ihre Schwiegereltern und ich“ um die neuesten, das Zwerchfell kitzelnden Abenteuer, die Greg Focker (Ben Stiller) und Pam Byrnes (Teri Polo) mit den Schwiegereltern erleben. In „Meine Braut, ihre Eltern und ich“ hatte sich der Bräutigam vor dem Ex- CIA-Agenten Jack Byrnes (Robert de Niro) und seiner Frau (Blythe Danner) zu bewähren, jetzt sind seine Eltern dran: Hoffman als der ganz von den Siebzigern geprägte Bernie Focker, ehemals Anwalt, nunmehr Hausmann, und seine Frau Roz (Barbra Streisand), Sextherapeutin für Senioren. Welten prallen aufeinander, die gegensätzlicher kaum denkbar sind – was mitunter seltsamste Geräusche macht. Zum Beispiel die eines Babys mit guter Verdauung, prustend nachgeahmt vom guten alten Bernie, während er die neue Verwandtschaft umarmt. Eine Schlüsselszene des Films, wohl wert, in dieser Runde nachgeahmt zu werden, mit der einzigen Frau als Partnerin – Junge, was für ein Interview.

Aber Hoffman kann auch anders, fängt dann fast an zu philosophieren, über den Unterschied von „making love“ und „having sex“, über den Wahrheitsgehalt von Einsteins Relativitätstheorie („Meine erste Ehe dauerte acht Jahre und kam mir wie 30 vor, die zweite dauert schon 30 Jahre und erscheint mir wie zwei Minuten“), schließlich über Amerika unter Bush. Hoffmans Thema schon beim Berlinale-Besuch vor zwei Jahren. Das Produkt, das bei der Präsidentschaftskampagne angeboten wurde? Angst. Die entscheidenden Faktoren beim Wahlausgang? Nicht der Krieg um Irak, nicht große Politik, sondern die so genannten „moralischen Werte“. Die Ablehnung von Menschen, die anders leben wollen als die Mehrheit. Schwule beispielsweise. Gewiss, der neue Film ist eine Komödie, handelt aber für Hoffman von sehr ernsten Themen: als Aufforderung zu Toleranz, als komödiantischen Widerstand gegen eine Weltsicht, die sich selbst für allein gültig ansieht.

Doch da steht auch schon Jane im Zimmer, „Die letzte Frage bitte“. Hoffman will nicht, protestiert: Nur wenn sie, die ehemalige Tänzerin, Spagat mache, werde er den Raum verlassen. Und wirklich, er schafft es, schon liegt sie der Runde zu Füßen. Applaus für Jane, und noch mehr für Dustin!

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