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Braunes Wasser der Spree.

© picture alliance / dpa

Verockerung der Spree: Die braune Brühe bleibt

Zwei Anlagen sollen die Verockerung der Spree verringern. Jetzt wurden sie abgeschaltet – prompt änderte sich die Wasserfarbe wieder.

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„Ich habe sofort gesehen, dass etwas nicht stimmt“, sagt der Angler: „Das Wasser ist wieder viel brauner geworden. Man merkt es auch an den Fischen und den Bäumen.“ Der Mann steht an der Spree etwa zwei Kilometer nördlich von Spremberg und gut zwei Kilometer südlich von der gleichnamigen Talsperre entfernt. Mit ihm betrachtet auch Dieter Perko die braune Brühe. Perko ist der Bürgermeister der Gemeinde Neuhausen und kämpft seit Jahren für sauberes Wasser in der Spree und in der touristisch genutzten Spremberger Talsperre.

Die sogenannte Verockerung der Spree sowie auch die Belastung mit Sulfaten sind eine Folge des Braunkohlebergbaus in der Lausitz, für den eine massive Grundwasserabsenkung erforderlich ist, damit die Abbaugruben trocken bleiben. Wenn das Grundwasser dann wieder ansteigt, werden die Verwitterungsprodukte ausgewaschen und gelangen in die Flüsse. Das stellt nicht nur eine Gefahr für die Badeseen, sondern – wie schon oft berichtet – auch für die Tourismusregion Spreewald und sogar für die Trinkwasserversorgung von Berlin dar.

Deshalb hat die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbausanierungsgesellschaft (LMBV) vor der Talsperre Spremberg eine sogenannte Bekalkungs- und eine Beflockungsanlage in Betrieb genommen, die dafür sorgen, dass sich das Eisen schon an der sogenannten Vorsperre auf dem Grund absetzt und das Wasser sowohl in der Talsperre als auch auf seinem weiteren Weg nach Cottbus, in den Spreewald und nach Berlin klar bleibt.

Anlage wurde abgeschaltet

Sowohl die LMBV als auch das brandenburgische Umweltministerium hatten die Anlagen noch vor Kurzem als sehr hilfreich bezeichnet, umso erstaunter war Bürgermeister Dieter Perko, als sich die Spree wieder zunehmend bräunlich färbte. Richtig sauer wurde der Neuhausener Bürgermeister aber, als er erfuhr, dass man am 3. Juni die Anlage außer Betrieb genommen hatte. Mit der Begründung, dass dies im Sommer nicht zwingend erforderlich sei, da sich das aus den Tagebauen stammende Eisen bei hohen Wassertemperaturen auch ohne die zusätzlichen Maßnahmen am Grund absetzen und die Spree so klar bleiben würde.

„Ich habe keine Ahnung, auf welcher Grundlage diese Entscheidung getroffen wurde“, sagte Dieter Perko: „Aber es zeigt, dass die Behörden unsere Bemühungen um eine gesunde Umwelt und einen erfolgreichen Tourismus offensichtlich gar nicht zur Kenntnis nehmen.“

Die LMBV beruft sich auf ein Gutachten von Ingenieuren, auf dessen Grundlage die Untere Wasserbehörde der „Umstellung“ sprich: dem Abschalten der Anlagen zugestimmt habe. Landesumweltamt und Landesbergbauamt stellten sich erst in den vergangenen Tagen, nachdem Presseberichte über Anliegerproteste erschienen waren, dem Problem.

Nach Tagesspiegel-Recherchen ging es wohl auch um Geld: Die Anlagen kosten jeden Monat fünfstellige Summen. Und sie sind nicht unumstritten, sagt Winfried Böhmer vom Aktionsbündnis Klare Spree: „Das ist alles eine tickende Zeitbombe. Das Eisen ist ja nicht weg, sondern nur am Grund gelagert. Aber was, wenn ein schlimmes Hochwasser kommt und alles aufwirbelt? Dann wird die braune Flut bis in den Spreewald und nach Berlin strömen.“

Bis Mitte Juli bleibt die Spree braun

Immerhin hat die LMBV jetzt schnell reagiert. Man werde den „Sommer-Testbetrieb“ für die Bekalkungs- beziehungsweise Beflockungsanlage wieder beenden, sagte ein Sprecher dem Tagesspiegel. Das sei von Anfang an für den Fall vorgesehen gewesen, dass die Werte steigen würden. Die ständigen Kontrollen hätten gezeigt, dass die Eisenkonzentration in der Spree wieder leicht gestiegen sei: „Sie lag Ende Mai, Anfang Juni überwiegend zwischen drei und vier Milligramm je Liter und liegt seit Anfang Juni überwiegend zwischen vier und fünf Milligramm je Liter.“

Das erscheine zunächst nicht besonders dramatisch, sagt Bürgermeister Dieter Perko: „Um zu sehen, was es aber wirklich für Auswirkungen hat, muss man sich die Spree selbst ansehen. Und ich befürchte auch, dass es noch einige Zeit dauert, bis sie wieder einigermaßen klar ist.“

Am Dienstag dann ruderte der Bürgermeister mit seiner Kritik zurück. Grund war ein Treffen von Vertretern der LMBV, des Landesbergamtes und der Umweltbehörden. Danach war für ihn die Lage nicht mehr ganz so dramatisch. Auf Luftbildern der LMBV sei zu sehen, dass die Spree beim Auslauf aus der Vorsperre gar nicht mehr so braun sei. Daher habe er auch keine Sorgen mehr, dass Touristen abschreckt werden können. Und die LMBV habe erklärt, dass die Anlage gewartet werden müsse und daher nur vorübergehend außer Betrieb sei. Wann sie wieder in Gang gesetzt wird, sei ihm aber nicht erklärt worden, berichtet Perko am Dienstagnachmittag. Vor Ort hieß es, ab Mitte Juli sei es so weit. Bis dahin bleibt die Spree – braun.

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