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Nahverkehr: Die Pannentour der S-Bahn geht weiter

Es gibt Spekulationen um erneute Sicherheitslücke. Der Fahrgastverband rechnet mit dauerhaftem Wagenmangel.

Nach der erneuten Sicherheitspanne bei der S-Bahn geht die Ursachenforschung weiter – sowohl im Unternehmen als auch beim Eisenbahn-Bundesamt (EBA). Nach Auskunft von EBA-Sprecher Ralph Fischer ist die Vorgeschichte für die Aufsichtsbehörde weniger wichtig als die Frage nach der aktuellen Sicherheit. Die sei gegeben, nachdem die noch in Betrieb befindlichen 15 Doppelwagen der Baureihe 485 am Freitagabend aufs Abstellgleis geschickt wurden, um versäumte Prüfungen der Räder nachzuholen. Erst danach dürfen sie wieder auf die Strecke.

Nach Informationen von Insidern reicht die Vorgeschichte Jahre zurück. Möglicherweise habe ein frustrierter Mitarbeiter das Versäumnis bewusst jetzt auffliegen lassen – aus Verärgerung über den in der vergangenen Woche vorgelegten Prüfbericht, der die Verantwortung für die Schlampereien der vergangenen Jahre lediglich bei der S-Bahn sieht, während dem Mutterkonzern Deutsche Bahn praktisch keine Mitschuld angelastet wird. Entsprechend harsch fiel die Reaktion aus: Die SPD forderte einen erneuten Bericht, der Verkehrsverbund VBB bezeichnete die Aufarbeitung als „sehr verwunderlich“, und Betriebsratschef Heiner Wegner nannte sie teilweise unwahr.

Von Montag an will die S-Bahn wieder mehr Züge einsetzen und damit den Fahrplan auf dem Ring und auf der S 7 zwischen Ahrensfelde und Potsdam verstärken. Letzteres hält der Fahrgastverband Igeb für eine „grundlegend falsche Prioritätensetzung“. Nach Ansicht des Igeb-Vizevorsitzenden Jens Wieseke sollten stattdessen die Züge der S 5, die zurzeit an der Warschauer Straße enden, bis nach Charlottenburg verlängert werden, um die Stadtbahn bis zum Bahnhof Zoo sowie die oft überfüllten U-Bahnen der U 5 zum Alex zu entlasten. Wieseke vermutet, dass der dichtere Takt nach Potsdam vor allem einen Vorwand liefern soll, den zusätzlichen Regionalverkehr einzustellen, den die Bahn mit geliehenen Zügen aus anderen Bundesländern eingerichtet hat. Der Fahrgastverband schlägt vor, diese Züge dauerhaft fahren zu lassen, und fordert von Land und Bahn, die Bezahlung dafür zu regeln. So könne das Land, das der S-Bahn zurzeit jeden Monat die Zuzahlung um mehrere Millionen Euro kürzt, einen Teil des einbehaltenen Geldes für diese Ergänzungszüge auszahlen. Die Stadtentwicklungsverwaltung teilt die Kritik, aber hat nach Auskunft von Sprecherin Petra Rohland „nur bedingt Einfluss“: Da die Bahn die Regionalzüge in anderen Regionen benötige, mangele es schlicht am Fuhrpark und nicht am guten Willen. Ein Bahnsprecher bestätigte den Engpass – und stellte für den nächsten Verbesserungsschritt zusätzliche Waggons für die S 5 in Aussicht.

Der Fahrgastverband erwartet, dass der Wagenmangel sich verschärft, wenn im nächsten Jahr die Strecke zum Flughafen BBI in Betrieb geht. Da die Berliner S-Bahn technisch ein Unikat ist, können keine Züge „von der Stange“ auf ihren Trassen fahren. Die ältesten eingesetzten Züge stammen aus den achtziger Jahren, die neuesten wurden im September 2004 vom Hersteller Bombardier ausgeliefert.

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