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Die Polizei verschweigt zwar nicht, dass es Konflikte unter ihren Mitarbeitern gibt, nur soll das eben kein Mobbing sein.

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„Die Pflege eines Saubermann-Images ist wichtiger“: Angeblich kein Mobbing bei der Berliner Polizei – seit Jahren

Die Berliner Polizei findet keinen einzigen Fall von Mobbing unter ihren Mitarbeitern. Wie kann das sein? Linke-Innenexperte Schrader wundert das sehr.

Bei der Berliner Polizei soll es angeblich kein Mobbing geben – und das schon seit Jahren. Der Innenexperte der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Niklas Schrader, fragt regelmäßig bei der Senatsinnenverwaltung ab, wie groß das Problem Mobbing in der Polizei ist. Aus der jüngsten Antwort und früheren Anfragen ergibt sich: Seit dem Jahr 2012 wurden bei der Polizei Berlin keine Vorfälle von Mobbing am Arbeitsplatz registriert.

Die Polizei Berlin scheint demnach der absolute Ausnahmefall zu sein, denn sonst ist Mobbing durchaus Alltag im Arbeitsleben. Beim Anbieter „Statista“ heißt es dazu: Laut einer gemeinsamen Umfrage mit YouGov waren etwa „30 Prozent aller Erwachsenen in Deutschland bereits Opfer von Mobbing“. 17 Prozent der Befragten haben bereits Mobbing bei Kollegen oder Vorgesetzten miterlebt. Besonders problematisch sei Mobbing am Arbeitsplatz, weil er für die Betroffenen den Arbeitsalltag unerträglich machen könne, hieß es.

Kein einziger Mobbing-Fall in einer Behörde mit über 20.000 Beschäftigten? Unvorstellbar.

Niklas Schrader, Innenexperte der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus

Die Polizei verschweigt zwar nicht, dass es Konflikte unter ihren Mitarbeitern gibt, nur soll das eben kein Mobbing sein. Die „Beratungsstelle für Konfliktmanagement“ hat aber immer etwas zu tun. 2019 waren es 227 Fälle, im vergangenen Jahr 117, allein im ersten Halbjahr 2023 schon 90. Aufgaben der Beratungsstelle sind die Beratung von Betroffenen, Hilfe bei Konfliktbewältigung und Mediation.

Linke-Innenexperte Schrader ist verwundert. „Kein einziger Mobbing-Fall in einer Behörde mit über 20.000 Beschäftigten? Unvorstellbar“, sagte er dem Tagesspiegel. Es scheine ein Defizit der Datenerfassung, wenn nicht sogar des Problembewusstseins, zu geben. „Man bekommt den Eindruck, die Pflege eines Saubermann-Images ist wichtiger als der transparente Umgang mit diesem sensiblen Thema. Der ist aber wichtig, auch im Sinne der Beschäftigten bei der Polizei“, sagte Schrader.

Der Linke-Politiker fragt regelmäßig auch die Zahl der Suizide ab. Ob die Betroffenen Opfer von Mobbing waren, erfasst die Polizei allerdings nicht. Seit 2012 haben sich 31 Mitarbeiter der Polizei selbst getötet. Zudem gab es in den vergangenen Jahren elf Suizidversuche von Dienstkräften der Polizei.

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