
© Doris Spiekermann-Klaas
Auszeichnung für Unternehmen verliehen: Die Seilfabrik baut Spielplätze in aller Welt – und gewinnt den Berlinpreis
Ihre Spielgeräte stehen in Montreal, Budapest und auf Kreuzfahrtschiffen: Der Verein „Made in Berlin“ hat das Familienunternehmen Seilfabrik ausgezeichnet.
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Sogar auf Kreuzfahrtschiffen toben Kinder auf Spielplätzen der Berliner Seilfabrik, das Unternehmen sei ein Hidden Champion und auf den Märkten weltweit erfolgreich, sagte Laudator Matthias Trunk, Vertriebschef der Gasag, am Dienstagabend im Verlagshaus des Tagesspiegels. Grund genug, den Seilfabrikanten den "Berlinpreis für Wirtschaft 2022" zu verleihen. Seniorchef Karl und sein Sohn David Köhler nahmen die mit 2000 Euro dotierte Auszeichnung entgegen.
Der Berlinpreis für Wirtschaft, verliehen vom Verein Made in Berlin, würdigt „unternehmerische Weitsicht, Flexibilität und innovative Ideen“, wie Stephan-Andreas Casdorff, Herausgeber des Tagesspiegels, erklärte.
Es geht aber auch ganz konkret um den unternehmerischen Erfolg. Mit 25 Millionen Euro Umsatz und 130 Mitarbeitern, Tendenz steigend, hat die Seilfabrik eine krisenfeste Basis für ihre Zukunft geschaffen.
Gegründet 1865, hatte sich das Unternehmen zunächst mit Tragseilen für Aufzüge beschäftigt und viel später noch einmal ganz neu erfunden, als Hersteller von Spielplatzgeräten. Im kanadischen Montreal könne man mehr Spielgeräte der Seilfabrik finden als in Berlin, sagte Trunk. In Budapest hat das Unternehmen einen großen Abenteuerspielplatz gebaut.
In der Kategorie „Newcomer des Jahres“ gewann die im vergangenen Jahr gegründete „PANTOhealth“ GmbH, die sich mit dem Schienenverkehr befasst. Das aus der TU ausgegründete Unternehmen entwickelt Hard- und Software, die Züge und die Gleis-Infrastruktur über Sensoren und Kameras überwacht und damit sofort erkennt, wo Wartungsbedarf besteht. „Sie wissen schon vorher, dass ein Zug ausfällt“, sagte Laudator Carsten Jung von der Berliner Volksbank. Das könnte der Deutschen Bahn im gegenwärtigen Verkehrschaos durchaus weiterhelfen.

© Steffen Junghanss
Den Sonderpreis der Jury erhielt das Unternehmen „Forever Clean“, ein Dienstleistungsunternehmen, das vornehmlich Frauen eine Chance gibt, die keine Ausbildung haben. Das wird dann im Job nachgeholt. Auch Menschen mit Handicaps sind im Team willkommen. Dinah Spitzley, selber Unternehmerin, würdigte das soziale Engagement von Gründerin Aynur Boldaz-Özdemir.
Mit dem Berlinpreis möchte der Verein "Made in Berlin" die Leistung von Unternehmern und die Bedeutung der Wirtschaft in der Stadt herausstellen, wie Joachim Spitzley, Gründer von "Made in Berlin", betonte. „Wir wollen aufzeigen, was Wirtschaft kann. In Berlin ist Unternehmertum oft negativ konnotiert.“
Das Wissen über wirtschaftliche Zusammenhänge sei in der Stadt nicht so verbreitet. „Da geht es häufig darum: Wie komme ich an Staatsknete.“ Wenn jetzt über Enteignung von Wohnungsunternehmen diskutiert werde, wirke das für Unternehmer eher demotivierend.
„Berlin hat sich extrem gut geschlagen in der Krise"
Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos, SPD) betonte eher die Erfolge der Hauptstadtunternehmen und zeigte sich von der Berliner Wirtschaft äußerst beeindruckt. „Berlin hat sich extrem gut geschlagen in der Krise.“ 2021 seien die Umsätze der Unternehmen um 3,3 Prozent gewachsen, in der Pandemie seien fünf Milliarden Euro in Berlin investiert worden, mehr als zehn Milliarden Euro seien als Venture-Kapital an Start-ups geflossen.
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Auch der Neustart nach der Pandemie sei sehr gut gelaufen. „Der Motor ist gleich wieder angesprungen.“ Die Insolvenzzahlen lägen noch unter denen von 2019, also vor der Pandemie. Auch im Tourismus laufe es sehr gut. „Wir haben bessere Zahlen als London oder Paris.“
Die neue Krise mit dem Ukraine-Krieg stelle die Pandemie allerdings noch in den Schatten. Der „transformatorische Impact“ sei noch viel größer, die Unternehmen müssten sich ihre Lieferketten sehr genau ansehen, um größere Abhängigkeiten zu vermeiden. Von einer „Deglobalisierung“, die einige jetzt für nötig hielten, würde er aber nicht sprechen.
Größtes Problem ist der Fachkräftemangel
Auf der von Stephan-Andreas Casdorff moderierten Podiumsdiskussion ging es um die Energiekrise und den Fachkräftemangel. Die hohen Energiepreise würden zwar kurzfristig zu Verwerfungen führen, aber langfristig die Erneuerbaren Energien und damit auch den Klimaschutz fördern, sagte Schwarz.
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Das bestätigte auch Spitzley. Die Unternehmer bemühten sich schon um eine „autarke Energieversorgung“. Es sei noch nicht ausgemacht, wie der Energiemix der Zukunft aussehe, sagte VBKI-Geschäftsführerin Claudia Große-Leege. „Die Krise wird zu viel Kreativität führen“ und damit auch zu neuen technischen Lösungen.
Carsten Jung, Vorstandschef der Berliner Volksbank, erklärte, unter seinen Kunden sei derzeit der Fachkräftemangel das größte Thema. „Wie kriegen wir die Leute dazu, nicht schon mit 60 auszusteigen?“
Auch Große-Leege sagte, die Gesellschaft müsse sich mit einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit auseinandersetzen. Auch eine bessere Bildung und Qualifikation seien wichtig, um dem Problem zu begegnen.
Senator Stephan Schwarz erwähnte die betriebliche Weiterbildung, „da sind wir noch unterdurchschnittlich. Das Thema blenden wir in der Diskussion meistens aus.“ Das war auch als Appell an die Unternehmer im Publikum gerichtet.
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