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© IMAGO/dts Nachrichtenagentur/IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Digitalkonferenz startet in Berlin: Bei der Re:publica treffen sich die Anti-Musks

Das Internet wirkt oft wie ein Ort voller Polemik und Krawall. Doch in Berlin trifft sich eine Netzgemeinschaft, die erstaunlich anders ist.

Ein Kommentar von Sebastian Leber

Wer in diesen Krisenzeiten Debatten im Netz verfolgt, bekommt schnell miese Laune. So viel Krawall wird dort angezettelt, so hektisch und polemisch wird gestritten. Man könnte denken, das Internet sei vergiftet.

Aber falsch gedacht. Weil online oft die Lautesten die meiste Aufmerksamkeit erhalten, übersieht man gern die Gesamtgroßartigkeit des Internets und der vielen Menschen, die es gewinnbringend nutzen. Einige Tausend werden sich in den kommenden drei Tagen auf dem Gelände der Arena in Berlin-Treptow bei der Re:publica tummeln.

Dort materialisiert sich ein Biotop aus Techbegeisterten, Bloggern, Forschern und Vereinen. Es zeigt sich eine starke, wehrhafte Zivilgesellschaft, die sich im Netz mit viel Hingabe ihre Strukturen und Projekte aufgebaut hat. Oft ehrenamtlich, jedenfalls selten allein des Profits wegen.

Es kommen Menschen zusammen, die Technik allen zugänglich machen wollen, etwa durch „Open Source“-Software. Oder Menschen, die im Netz sonst still vor sich hinwerkeln, in ihrer Freizeit spätabends noch den Wikipedia-Beitrag über südfranzösische Burgen komplettieren.

Im Grunde sind diese Leute das genaue Gegenteil von Elon Musk. Nicht rücksichtslos, nicht egozentrisch, nicht provozierend um der Provokation willen. Mit seiner Übernahme von Twitter ist Musk radikal gescheitert, er hat Nutzer vergrault und den Aktienkurs geschrottet, hat buchstäblich Milliarden verloren und dazu seinen Ruf als genialer Geschäftsmann. Die Netzgemeinschaft kriegt er aber nicht klein. Konferenzen wie die Re:publica zeigen, dass das Internet längst zu vielfältig und lebendig ist, um an einem wie Musk zugrunde zu gehen.

In Berlin treffen sich die Neugierigen und Lernbereiten, die Idealisten statt Ideologen. Allein schon an diesem Montagnachmittag: Da will mitten im Getümmel, an einem winzigen Stand in der nordöstlichen Ecke der Haupthalle, ein Mann ein Video präsentieren, das zeigt, wie wohl ein Rundflug durch seine Wohnung durch die Augen einer Stubenfliege aussieht. Mit dem Projekt wird er keine Millionen verdienen, aber andere zum Staunen bringen.

Und dann laden, etwas später und ein paar Stände weiter, sechs weitere Anti-Musks zu ihrer Session ein. Im offiziellen Programm steht: „Es ist an der Zeit, öffentliche Toiletten von ihrem negativen Image zu befreien und ihr Potenzial als transformative Kraft für sozio-ökologischen Wandel zu erkennen.“ Keine Ahnung, was damit gemeint ist. Aber ich will es herausfinden.

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