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Demonstranten protestieren vor dem Brandenburger Tor gegen die Politik in Israel anlässlich des Besuches des israelischen Ministerpräsidenten in Berlin.

© dpa/Carsten Koall

Update

„Diktatur passt hier nicht“: Mehrere Hundert Menschen demonstrieren gegen Netanjahus Politik

Während am Nachmittag hunderte Exil-Israelis und Unterstützer auf dem Pariser Platz demonstrieren, kam es bei einer propalästinensischen Kundgebung zuvor zu fragwürdigen Vergleichen.

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Während des Besuches des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu am Donnerstag in Berlin haben mehrere Hundert Demonstranten gegen dessen Politik protestiert. Sie versammelten sich vor allem am Nachmittag im Regierungsviertel und am Brandenburger Tor. Die Polizei sprach von 400 bis 500 friedlichen Demonstranten auf dem Pariser Platz. Angemeldet waren ursprünglich 1000 Teilnehmer.

Die Demonstration richtete sich unter anderem gegen eine Justizreform, die Netanjahus rechts-religiöse Regierung im Schnellverfahren durchsetzen will. Sie soll dem israelischen Parlament ermöglichen, Entscheidungen des höchsten Gerichts aufzuheben. Kritiker sehen dadurch die Gewaltenteilung in Gefahr. Unter den Teilnehmern waren zahlreiche in Berlin lebende Israelis. Außerdem waren viele Familien mit Kindern zu sehen.

Auf dem Schild eines Demonstranten stand: „Rettung der israelischen Demokratie“, auf einem anderen: „Niemand steht über dem Gesetz! Ohne Demokratie gibt es keine Gleichheit.“ Ein Mann hielt eine israelische Fahne mit der Aufschrift: „Diktatur passt hier nicht“. Mehrere israelische Flaggen waren zu sehen. Zu den Protesten in Berlin war in Deutschland, aber auch in Israel in Internetportalen und Chatgruppen aufgerufen worden. In Israel gibt es derzeit regelmäßig Großdemonstrationen gegen die geplante Gesetzesänderung. Zum Abschluss der Kundgebung wurde die israelische Nationalhymne angestimmt.

Zuvor demonstrierten etwa hundert Personen bei einer propalästinensischen Kundgebung auf der Wiese vor dem Reichstag. Die Versammlung begann bereits um 13 Uhr und zog überwiegend ältere Personen aus der palästinensischen Community der Hauptstadt an. Auf Plakaten wurde Israel unter anderem als „Apartheidstaat“ bezeichnet.

Zwei Pressevertreter verbal angegriffen

Ein Redner verglich in seiner Ansprache wiederholt die Lage in den palästinensischen Gebieten mit der Zeit des Nationalsozialismus. Damals hätten die Deutschen gesagt, sie hätten nicht mitbekommen, was in den 1930er-Jahren passiert sei, heute passiere „genau das Gleiche“, sagte der Mann. „Wieder steht Deutschland auf der falschen Seite der Geschichte“, hieß es weiter. Die Bundesrepublik habe nichts aus der „schrecklichen Geschichte gelernt“.

Im weiteren Verlauf des Protests wurden zwei Pressevertreter von Teilnehmern medienfeindlich angegangen. In einem Fall wurde ein Journalist auf Englisch als „Faschist“ bezeichnet, in einem anderen Fall wurde einem Reporter gedroht. Bei propalästinensischen Protesten war es in den vergangenen Jahren in Berlin immer wieder zu Angriffen auf Journalisten gekommen. Die Polizei wurde am Mittag von einem Arabisch-Übersetzer unterstützt, um mögliche, auf arabisch vorgetragene Inhalte zu identifizieren, die den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllen.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu war in der Nacht zu Donnerstag in Berlin eingetroffen. Er traf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), auf dem Programm stand auch ein Treffen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Die Rückreise war für den Abend geplant. Begleitet war der Besuch von hohen Sicherheitsvorkehrungen und weiträumigen Absperrungen besonders im Regierungsviertel. (mit dpa)

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