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U-Bahnhof Nollendorfplatz BVG Schäden Decke

© Jörn Hasselmann

Drei Linien und Hunderttausende Fahrgäste betroffen: Berliner U-Bahnhof Nollendorfplatz wird monatelang gesperrt

Von Mitte Januar bis Mitte Mai wird die einsturzgefährdete Decke am U-Bahnhof Nollendorfplatz saniert. Die U2 muss den gesamten Verkehr aufnehmen. Hunderttausende Fahrgäste sind betroffen.

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Der Chef kam persönlich. Denn die Baustelle im Bahnhof Nollendorfplatz ist außergewöhnlich – für Fahrgäste. Die Einschränkungen sind beispiellos. BVG-Vorstandsvorsitzender Henrik Falk sprach in seiner „strategischen Einordnung“ vom „Herzstück des Kleinprofilnetzes“, das für vier Monate schwer getroffen ist. 560.000 Fahrgäste sind täglich auf den vier Linien des Kleinprofils unterwegs.

Am 12. Januar werden drei Linien ganz oder abschnittsweise eingestellt. Bis 10. Mai gibt es folgende Einschränkungen:

  • U1 pendelt nur zwischen Wittenbergplatz und Uhlandstraße sowie zwischen Gleisdreieck und Warschauer Straße.
  • U3 von Krumme Lanke endet bereits Spichernstraße (denn es fehlen am Wittenbergplatz die Gleiskapazitäten, um die Züge dort kehren zu lassen).
  • U4 (Innsbrucker Platz bis Nollendorfplatz) wird ganz eingestellt (weil die dort pendelnden Züge die Werkstatt nicht erreichen).

Der Zustand der Tunneldecke ist so katastrophal, dass nicht bis zur ab 2028 geplanten Sanierung gewartet werden kann. Dass der Bahnhof vier Monate gesperrt werden muss, war im Juli durch einen Artikel im Tagesspiegel bekannt geworden. Zwischen Januar und Mai soll zwei besonders stark bröckelnde Abschnitte der Zwischendecke erneuert werden.

Zu „90 Prozent“ keine bösen Überraschungen

Projektleiterin Heike Puzla sagte, dass der Beton auf 45 Meter Länge herausgebrochen wird. Sie ist optimistisch, dass dahinter keine größeren Schäden entdeckt werden, die den Zeitplan durcheinanderbringen können. BVG-Chef Falk nennt „90 Prozent“ Wahrscheinlichkeit, dass es keine bösen Überraschungen gibt. Nollendorfplatz ist der Bahnhof mit den meisten Linien im Berliner Netz. Nirgends sonst halten vier Linien.

Einzig die oberirdisch fahrende U2 kann noch fahren. Falk sah das Positive: Ab Januar gibt es so viele neue Züge, dass die BVG auf der U2 wieder einen 4-Minuten-Takt anbieten kann. Der Takt war vor zwei Jahren wegen Fahrzeugmangel auf fünf Minuten ausgedünnt worden. Nun muss die U2 den gesamten Ost-West-Verkehr bewältigen.

Die BVG plant in den Wochen vor Beginn der Sperrung eine intensive Information. Umständlich wird es vor allem für Fahrgäste, die von Kreuzberg nach Dahlem zur FU wollen. Sie müssen dreimal umsteigen: Am Gleisdreieck in die U2, am Zoo in die U9 und an der Spichernstraße dann in die U3. An allen drei Bahnhöfen müssen Treppen und teilweise lange Wege bewältigt werden.

So kann die Baustelle am Nollendorfplatz umfahren werden

© BVG

Leichter wäre der Umstieg am gleichen Bahnsteig am Wittenbergplatz, wo U1, U2 und U3 normalerweise halten. Laut Falk gibt es keine Pläne, Wittenbergplatz so nachzurüsten, dass die U3 dort kehren kann. Die BVG nennt für eine weite Umfahrung der Baustelle die U7, mit Umstieg Möckernbrücke und Fehrbelliner Platz.

Reichen die SEV-Busse im Schülerverkehr?

Die BVG plant einen Schienenersatzverkehr (SEV) für die U3 und U4. Dieser startet für die U3 alle 5 Minuten an der Spichernstraße und passiert dann die Bahnhöfe Augsburger Straße und Wittenbergplatz. Für die U4 fährt der SEV über die Martin-Luther-Straße zum Innsbrucker Platz. Die Zwischenstationen können nicht direkt angefahren werden, da es am Viktoria-Luise-Platz und am Rathaus Schöneberg Fußgängerzonen gibt. Hier sollen die SEV-Busse nur alle zehn Minuten fahren.

Ob das reicht, ist vor allem im Schülerverkehr fraglich. Nahe dem Viktoria-Luise-Platz liegt eine Oberschule, die Schüler kommen überwiegend mit der U4. Die „Schöneberger U-Bahn“ ist mit fünf Stationen die kürzeste im Netz. Drei Stationen werden noch durch andere Linien angefahren.

Am U-Bahnhof Nollendorfplatz ist die Tunneldecke provisorisch mit Balken und Stangen gesichert.

© Jörn Hasselmann

Im Frühsommer hatte die BVG bereits ein Tempolimit für die Züge am Nollendorfplatz angeordnet, um Erschütterungen zu verringern. Die Decke wurde im Tunnel mit Stahlstützen und Holzbalken gesichert. „Die Verringerung der Fahrgeschwindigkeit auf 15 km/h und der Einbau von Hilfsstützen haben den Verfall nicht aufgehalten“, hieß es in internen Unterlagen.

Die Schäden an der unterirdischen Tunneldecke sind so gravierend, dass nicht bis zur für 2029 geplanten Generalsanierung des U-Bahn-Knotens in Schöneberg gewartet werden kann. Wie berichtet, wird es viele Jahre Sperrungen vor allem auf U1 und U3 geben, da die völlig verrostete Stahlbrücke über den Gleisdreieckpark abgerissen werden muss. Dies wird seit mehreren Jahren immer wieder verschoben, zuletzt wurde der Start der Großbaustelle für 2028 angekündigt.

Mittlerweile ist die Gleisdreieckbrücke Teil einer geplanten Generalsanierung unter dem Namen „U1-U4 Streckensanierung West“. Diese Abschnitte gehören zu den ältesten im Berliner Netz, stammen teilweise aus der Eröffnungszeit 1902. Parallel mit der 1913 gebauten Brücke über den Park wird die direkt dahinterliegende Überführung an der Dennewitzstraße abgerissen und neu gebaut.

Zudem muss der Tunnel der U1 unter dem Kurfürstendamm bis Uhlandstraße saniert werden und der U2-Viadukt von Mendelssohn-Bartholdy-Park bis Nollendorfplatz. Für die Sanierung des ruinösen Bahnhofs Nollendorfplatz und der angrenzenden Tunnel kalkuliert die BVG die Zeit von Oktober 2027 bis Juni 2032. 

Im Jahr 2021 wurden am Nollendorfplatz alle Deckenverkleidungen entfernt, um die Schäden besser beobachten zu können. Seit fast fünf Jahren fühlen sich Fahrgäste wie in einer Höhle, über einem nur rostiger Stahl und roher Beton. Dieses Gefühl wird noch mindestens weitere fünf Jahre anhalten, bis die „Generalsanierung“ abgeschlossen ist.

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