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E-Scooter vor Gericht: Blindenverband klagt gegen Chaos auf Berliner Gehwegen
Am 1. Oktober verhandelt das Berliner Verwaltungsgericht eine Klage des Blinden- und Sehbehindertenvereins gegen das E-Scooter-Freefloating. Der Verband fordert feste Abstellplätze – mit weitreichenden Folgen für das Geschäftsmodell der Anbieter.
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Leih-E-Scooter, die kreuz und quer auf Berliner Gehwegen parken, sind für Fußgänger- und Sehbehindertenverbände schon lange ein Ärgernis. Nun wird am 1. Oktober vor dem Verwaltungsgericht eine Verbandsklage des Allgemeinen Blinden- und Sehbehindertenvereins Berlin (ABSV) verhandelt, die weitreichende Folgen haben könnte: Ziel ist es, das Abstellen der E-Scooter auf Gehwegen zu verbieten und stattdessen feste Abstellplätze vorzuschreiben. Damit wäre das Freefloating-Modell der Anbieter hinfällig – mit weitreichenden Folgen für deren Geschäftsmodell.
Die Klage richtet sich gegen die vom Land Berlin erteilte Sondernutzungserlaubnis. Diese sei rechtswidrig und gefährdete die Sicherheit auf Gehwegen, so der Verband. Der ABSV hatte die Klage bereits im September 2022 eingereicht. „Falsch abgestellte E-Scooter stellen eine große Unfallgefahr dar und sind ein Rückschritt für die Barrierefreiheit“, sagte der ABSV-Vorsitzende Dietmar Polok. Für blinde und sehbehinderte Menschen seien die Roller oft lebensgefährliche Hindernisse.
Anwalt hofft auf Ende des Freefloating-Modells
Der ABSV fordert vom Senat die Rücknahme der Sondernutzungserlaubnis sowie verpflichtende Parkstationen abseits der Gehwege. Zwar gibt es mit den sogenannten Jelbi-Stationen bereits 257 solcher Plätze (Stand Herbst 2024), doch laut ABSV bleibt die Lage unbefriedigend. Rechtsanwalt Michael Richter, der selbst blind ist und die Klage vertritt, hofft auf ein Ende des Freefloating-Modells.
Kritik gibt es auch am aktuellen Entwurf zur Reform der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung. Statt für mehr Sicherheit zu sorgen, würden bestehende Regelungen sogar zugunsten der Anbieter gelockert, sagte Christiane Möller vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV). Laut einer Studie des Fußverkehrsverbands Fuss e.V. werden nur 0,1 Prozent aller Wege in Berlin mit E-Scootern zurückgelegt. Wo es keine festen Stationen gibt, stehen oder liegen 56 Prozent der Roller demnach behindernd, gefährdend oder rechtswidrig herum. Schnelle Besserung ist nicht in Sicht: Der Senat hat das Ausbautempo für die Abstell-Stationen gedrosselt, weil es an Geld fehlt.
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