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STADTMENSCHEN: Ein Herz für die Berliner Herzen

Eigentlich hält er nicht viel von offiziellen Geburtstagsfeiern. Die Geburt betrachtet Herzprofessor Roland Hetzer nämlich als Verdienst der Mutter, die an diesem Tag viel mehr gefeiert werden müsste.

Eigentlich hält er nicht viel von offiziellen Geburtstagsfeiern. Die Geburt betrachtet Herzprofessor Roland Hetzer nämlich als Verdienst der Mutter, die an diesem Tag viel mehr gefeiert werden müsste. Diese Haltung passt zu einem Mann, der das Verdienstesammeln wie eine olympische Disziplin betreibt.

Herzkapazitäten aus der ganzen Welt wollen am Samstag aus Anlass seines 70. Geburtstags in Berlin zu einem Symposion zusammenkommen. Dabei handelt es sich aber nicht um eine Abschiedsveranstaltung für den Jubilar im nunmehr biblischen Alter. Das Ringen um die Nachfolge von Deutschlands berühmtestem Herzprofessor ist auch fünf Jahre, nachdem er die normale Pensionierungsgrenze eines Charité-Professors erreicht hat, noch nicht beendet.

Als er im Januar 1986 ein leeres Zimmer im heutigen Deutschen Herzzentrum Berlin (DHZB) in Wedding bezog, um ein durchaus umstrittenes Projekt zu verwirklichen, lag seine erste Herztranplantation schon drei Jahre zurück. In den folgenden Jahren baute Hetzer das Zentrum zu einer der wichtigsten Schwerpunktkliniken in Deutschland und international aus. Auf ihn geht das Berliner Herz zurück, international bekannt als „Berlin Heart“ – das ist ein Kunstherz, mit dem der Patient am Leben gehalten wird, bis transplantiert werden kann.

Seit 1986 fanden im DHZB rund 80 000 Operationen am offenen Herzen statt, darunter mehr als 10 000 an Kinderherzen. Rund 1800 Herzen wurden tranplantiert, darunter 180 bei Kindern. Hetzer kümmert sich aber nicht nur um kranke Herzen, sondern unermüdlich auch darum, dass gesunde Herzen größer werden, so dass deren Besitzer dem Freundeskreis des Herzzentrums Geld spenden für Kinder aus aller Welt, die mit Herzfehlern geboren werden und für die eine Heilung sonst nie finanzierbar wäre. Die Kinderkardiologie führte er bereits 1988 ein. Ursprünglich hatte er den Freundeskreis gegründet, um den Aufbau einer Akademie für Kardiotechnik zu ermöglichen – als neue Ausbildungsstätte.

Die Zahl der Tranplantationen hat freilich nachgelassen. Waren es 1993 noch 120, konnten im vergangenen Jahr gerade mal 26 Herzen verpflanzt werden. Schuld daran ist aus Hetzers Sicht „eine Überbürokratisierung in Deutschland, bei der Motivation verloren geht“. Dass die Zahl der Organspenden insgesamt zurückgegangen ist, führt er aber auch auf einen Vertrauensverlust im Zuge des Skandals um manipulierte Patientenlisten zurück. Zu einem Pressegespräch gestern war auch der zweifache Olympiasieger Hartwig Gauder gekommen, der ein Jahr, nachdem Roland Hetzer ihm ein neues Herz eingepflanzt hat, in New York den Marathon mitlaufen konnte. Gerade behandelt Hetzer eine 25-jährige Frau, die vor drei Jahren kurz nach der Geburt ihrer Tochter ein Kunstherz brauchte und nun hoffen kann, dass sich ihr Herz soweit erholt hat, dass ihr eine Tranplantation erspart bleibt.

Unzählige Ehrungen hat Roland Hetzer gesammelt, Beiträge für 1500 Publikationen geschrieben. In seiner freien Zeit liebt er Oldtimer und gutes Essen. Wenn der Vater von drei Kindern an diesem Freitag den Geburtstag privat mit der Familie feiert, schenkt er sich selber einen besonderen Luxus. Ausnahmsweise will er nicht erreichbar sein. Elisabeth Binder

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