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Wegen des Brands auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz bei Lübtheen mussten Hunderte Menschen ihre Wohnungen verlassen.

© Jens Büttner/dpa

Waldbrand bei Lübtheen: Ein Problem für ganz Deutschland

Der größte Brand in der Geschichte Mecklenburgs wirft viele Fragen auf. Nun werden Forderungen nach mehr Hilfe durch den Bund laut.

Von Sandra Dassler

Sogar Dienstagfrüh lag noch ein leichter Brandgeruch über manchen Gebieten von Berlin. Der am Montag ausgebrochene bislang größte Waldbrand in der Geschichte Mecklenburg-Vorpommerns auf dem einstigen Truppenübungsplatz bei Lübtheen in Mecklenburg wütete auch in der Nacht weiter und wurde zudem immer explosiver.

Wegen der vielen Altmunition im Boden können die Einsatzkräfte nur äußerst vorsichtig in die Offensive gehen. Inzwischen wird das Löschwasser knapp, bis zum späten Dienstagabend hatte das Feuer schon eine Fläche von bis zu 1200 Hektar erfasst. Bereits vier Dörfer mussten evakuiert werden. Auch in Berlin stand am Dienstagmittag ein Waldstück in Flammen.

Unterdessen werden immer mehr Forderungen laut, dass der Bund angesichts der durch die lange Trockenheit extremen Lage mehr tun müsse, um Waldbrände zu vermeiden und munitionsbelastete Flächen zu räumen. Der Innenminister des Landes, Lorenz Caffier (CDU) sowie Umweltminister Till Backhaus (SPD) machten erneut deutlich, dass technisch und personell mehr geschehen müsse, um Brände auf munitionsbelasteten Flächen schneller einzudämmen.

„Das gilt für ganz Deutschland“, sagte ein Sprecher des Schweriner Innenministeriums dem Tagesspiegel: „Es ist ein grundsätzliches Problem aller Bundesländer und wenn die akute Gefahrensituation gebannt ist, sollten sich alle Beteiligten an einen Tisch setzen.“

Alle Landespolitiker betonen aber auch die „schnelle und unbürokratische Hilfe“ der Bundeswehr vor Ort. In Lübtheen wurden jetzt Räum- und Bergepanzer eingesetzt, die Schneisen in das Brandgebiet schlagen und so den Feuerwehrleuten sicheren Zugang gewähren sollten. Damit könne man endlich versuchen, das Feuer direkt zu bekämpfen, sagte Landrat Stefan Sternberg (SPD). Zugleich dankte er allen, die geholfen hatten, die vier evakuierten Ortschaften bislang vor dem Feuer zu schützen.

Die Orte liegen knapp 50 Kilometer südwestlich von Schwerin und sind wegen der drehenden Winde derzeit noch nicht sicher. Allerdings dürfen die Einwohner einiger Ortschaften täglich zwischen acht und neun Uhr und zwischen 20 und 21 Uhr auf ihre Grundstücke, um ihre Tiere mit Wasser und Nahrung zu versorgen.

Von den Evakuierungen sind insgesamt knapp 800 Menschen betroffen, mehrere umliegende Straßen sind voll gesperrt. Zum Einsatz kommen inzwischen neben den acht Löschhubschraubern und den Panzern auch zwölf Wasserwerfer der Polizei, die teilweise aus anderen Bundesländern stammen.

200 Einsatzkräfte gleichzeitig im Waldgebiet

Insgesamt 2000 Einsatzkräfte lösen sich alle sechs Stunden ab. Versorgt werden sie oft auch von heimischen Firmen und der Zivilbevölkerung. So hatten beispielsweise die Betreiber einer Lübtheener Gaststätte spontan 300 Schnitzel gebraten.

Probleme gab es hingegen mit einzelnen Schaulustigen, die Drohnen ins Einsatzgebiet fliegen ließen. Das gefährde den Einsatz der Hubschrauber, sagte ein Sprecher des Innenministeriums in Schwerin. Der Luftraum sei für jeden privaten Flugverkehr gesperrt. Er bestätigte zugleich, dass man auch über den Einsatz von Löschflugzeugen nachgedacht habe.

„Wir hätten das über Brüssel bekommen können, im Gegenzug aber auf den Einsatz aller acht Hubschrauber verzichten müssen, um Kollisionen im Luftraum zu vermeiden.“ Außerdem brauchten Löschflugzeuge nicht nur einen See, sondern auch eine zwei Kilometer lange freie Flugbahn darauf. „Man müsste die Gewässer dann auch für jeglichen Bootsverkehr sperren“, sagte der Sprecher.

Ein Hubschrauber der Bundespolizei transportiert Löschwasser zu einem Brandherd in der Nähe der evakuierten Ortschaft Alt Jabel.
Ein Hubschrauber der Bundespolizei transportiert Löschwasser zu einem Brandherd in der Nähe der evakuierten Ortschaft Alt Jabel.

© Jens Büttner/dpa

Der Präsident des brandenburgischen Landesfeuerwehrverbandes, Werner-Siegwart Schippel hatte den zumindest probeweisen Einsatz von Löschflugzeugen bereits angesichts des jüngsten Großbrandes auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz bei Jüterbog im Landkreis Teltow-Fläming gefordert.

„Es gibt da doch die europäische Löschflugstaffel“, sagte er. Die werde erst aufgebaut, widerspricht der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Christoph Unger. Seines Wissens hätte Frankreich ein Löschflugzeug zur Verfügung gestellt, allerdings nicht für den Einsatz im munitionsverseuchten Bereich.

Beim Kampfmittelbeseitigungsdienst des Landes Brandenburg, wo es am Dienstag nur kleinere Brände gab, wirbt man um Verständnis dafür, dass noch so viele Wälder nicht von Munition geräumt werden konnten. Mal abgesehen davon, dass dies sehr teuer sei, habe es nach 1990 zunächst wichtigere Dinge wie den Aufbau der Infrastruktur: Straßen, Telekommunikation, Wohnungsbau gegeben, hieß es. Und noch immer müssten riesige Flächen untersucht werden. "Das ist tatsächlich eine Generationen-Aufgabe", sagte ein Sprecher.

Umso schlimmer sei, dass manche Menschen dies offensichtlich ausnutzten. Noch immer geht die Polizei davon aus, dass der Brand bei Lübtheen vorsätzlich gelegt wurde, weil er an mehreren Stellen nahezu zeitgleich ausbrach. Nach einem entsprechenden Aufruf der Polizei habe es immerhin rund zwei Dutzend Hinweise aus der Bevölkerung gegeben, sagte ein Sprecher der Polizei. Ob darunter eine richtungsweisende Spur war, ist nicht bekannt. Laut offizieller Statistik gab es in diesem Jahr bereits 277 Waldbrände in Brandenburg, 49 dieser Brände waren vorsätzlich gelegt.

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