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Berlin: Eine halbe Kuh auf dem Teller

Erinnerungen an Hertha Zehlendorf

Hertha 03 Zehlendorf wird 100 Jahre alt. Ehemalige Spieler erinnern sich.

Pierre Littbarski: „Da ich im Finanzamt lernte und keine Zeit zu essen hatte, kam ich abends immer ausgehungert zum Training nach Zehlendorf. Was hätte ich nicht alles für ein Butterbrot getan! Leider war ich damals immer sehr klamm, mir blieb also nichts anderes übrig, als unseren Betreuer Dietrich von Sobbe anzupumpen. Zum Butterbrot kam dann im Klubhaus immer eine Fassbrause und ein Schokoriegel hinzu. Das nennt man heutzutage wohl Sponsoring. Der Dietrich muss ein Vermögen bezahlt haben! Und das Schlimme ist, dass der arme Mann noch immer auf die Rückzahlung des Darlehens wartet. Hoffentlich verzeiht er mir das. Ohne diese Finanzspritzen hätte ich es kaum nach oben geschafft. Danke dir, lieber Dietrich!“

Pierre Littbarski (42) wechselte 1978 zum 1. FC Köln. 1990 wurde er mit der deutschen Nationalmannschaft Weltmeister. Seit Januar 2003 ist er Trainer des japanischen Zweitligisten Yokohama FC.

Uwe Kliemann: „Hertha 03 feiert Jubiläum? Stimmt, irgendsowas habe ich im Mitgliederheft gelesen, das liegt ja immer in meinem Briefkasten. Seit 1965 bin ich Mitglied, weil Hertha 03 einfach ein super Verein ist. Bis auf die Anreise dorthin. Wenn wir morgens um neun Uhr gespielt haben, musste ich in Tempelhof immer in aller Herrgottsfrühe aufstehen, um pünktlich an der Bushaltestelle zu sein. Schrecklich, und das jeden Morgen!“

Uwe Kliemann (53), ging 1970 nach Oberhausen. Er bestritt später 168 Spiele für Hertha BSC. Heute ist er Scout des DFB.

Karsten Bäron: „Ich weiß noch, wie ich im Zehlendorfer Klubhaus stand – und mir gegenüber Benno Möhlmann vom Hamburger SV. „Du, Karsten, willst du nicht zu uns kommen?“ hat er gefragt. Naja, ich kannte meinen Preis, Bayern München und Karlsruhe hatten mich beobachten lassen. Ich habe mich für den Wechsel nach Hamburg entschieden. Dort konnte ich mir endlich eine eigene Wohnung leisten – ohne meine Eltern.“

Karsten Bäron (29) wechselte 1992 für 40 000 Mark zum Hamburger SV. Heute ist er dort BJugendtrainer.

Thorben Marx: „Ich denke gern an die Zeit zurück, in Zehlendorf habe ich ja den Feinschliff zum Fußballprofi bekommen. Irgendwann wurde der Verein von Hertha BSC überholt. Als ich sagte, dass ich zum Stadtrivalen gehe, waren sie traurig. Aber was sollte ich machen? Ich wollte in der A-Jugend-Regionalliga spielen, und in Zehlendorf war das leider nicht möglich.“

Thorben Marx (21) wechselte 1998 zu Hertha BSC. Am Samstag bestritt er gegen 1860 München sein 33 Bundesligaspiel.

Robert Jaspert: „Wir waren in der Jugend mal in Kalifornien, und was glauben Sie, was wir da für tolle Typen waren. Fußballer aus Deutschland! Wir waren Helden, da kamen sogar Groupies. Gemütlich war es, wenn abends gegrillt wurde. Steak gab es immer, aber nicht etwa 200 Gramm – sondern 900! Das war unglaublich, haben Sie schon mal eine halbe Kuh auf dem Teller gehabt? Sportlernahrung war das nicht gerade.“

Robert Jaspert (43) war Trainer des Zweitligisten Tennis Borussia und Littbarskis Assistent beim MSV Duisburg.

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