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Erfolgreich geklärte Unternehmensnachfolge: Rolf und Mareike Lechner

© Immobilien-Experten-AG

Eine Legende lässt los: Berlins Immobilien-Doyen gibt an Tochter ab

Rolf Lechner ist einer der bekanntesten Bauunternehmer der Stadt. Mit nun 80 Jahren hört er auf – seine Tochter Mareike übernimmt das Unternehmen.

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Niemand weiß, wie viele Karrieren im Arbeitsamt Ludwigsburg begonnen haben. Die des Berliner Bauunternehmers und Projektentwicklers Rolf Lechner allerdings startetet dort ganz eindeutig: Im Rahmen einer Berufsberatung wurde der junge Abiturient Anfang der 1960er-Jahre auf das neue Berufsbild des Wirtschaftsingenieurs aufmerksam gemacht.

Aber: Wo studieren, wenn nur drei Universitäten dieses Simultanstudium anbieten? Karlsruhe war zu nahe, Darmstadt war, ja, eben Darmstadt, und so führte der Weg Lechners zwangsläufig an die Technische Universität Berlin (TU). So absolvierte er sein Studium zügig an den Wirren der aufkommenden Studentenbewegung vorbei, direkt in den Beruf hinein.

Es gibt, glaube ich, niemanden mehr aus dieser Zeit, der noch aktiv ist.

Rolf Lechner, Immobilienentwickler und Bauunternehmer aka „Baulöwe“

Man könnte Lechner, der dieser Tage seinen 80. Geburtstag gefeiert hat, den letzten der Berliner Baulöwen nennen. Er selbst sieht sich in der Rolle des Zeitzeugen, „es gibt, glaube ich, niemanden mehr aus dieser Zeit, der noch aktiv ist.“

Die Stadt steht voll mit den Zeugnissen seiner Tätigkeit, aber da er nie viel Aufhabens um sich und seine Gesellschaft Botag gemacht hat und wohl auch klug genug war, die Untiefen und Verlockungen der Branche im Berlin der 1970er- und 1980er-Jahre zu umschiffen, steht er auch heute noch im Geschäft. Die offenbar höchst harmonische Übergabe der Firmenanteile an seine Tochter Mareike, die schon fünf Jahre Vorstand ist, steht allerdings kurz vor dem Abschluss.

Klar, dass die Arbeit Anfang der 1960er in Berlin auf der Straße lag. Die Spuren des Kriegs waren überall, selbst in besten Lagen gab es Trümmergrundstücke und provisorische Flachbauten. Wer sich mit der Drohkulisse der russischen Truppen rund um die Halbstadt arrangierte, der konnte dabei zügig sein Glück machen.

Als einstiger Pfadfinder mochte Lechner die Geselligkeit, wurde in Berlin sofort von einer studentischen Verbindung aufgenommen, und als dort jemand gesucht wurde, der beim Aufbau der Firma Mosch helfen wolle, griff er zu und arbeitete vom zweiten Semester bis zum Examen 1968 bereits auf dem Bau, zunehmend auch im neuen Geschäftsfeld der Projektentwicklung. Als die TU zunehmend in die von der Freien Universität ausgehenden Unruhen involviert wurde, war Lechner fertig, „davon habe ich nicht viel mitbekommen, denn ich habe mein Studium in der kürzesten möglichen Frist absolviert und mich nie politisch engagiert.“

Er gründete seine Firma Botag 1975

Er blieb als einer der wenigen Kommilitonen in Berlin, wo es kaum anspruchsvolle technische Arbeitsplätze gab, und arbeitete anderthalb Jahre bei Mosch, der Firma, die später die 350 Millionen Mark teure Überbauung der Stadtautobahn in Wilmersdorf stemmte. Doch da war er längst selbstständig, die Unternehmer-Gene der Familie hatten sich durchgesetzt. 1975 gründete er die Botag, mit der er auf zwei bedeutenden Geschäftsfeldern tätig wurde: Hotelbau in Spanien und sozialer Wohnungsbau in Berlin.

Das war die berühmte Goldgrube der damaligen Zeit: Hohe Kostenmieten von bis zu 30 Mark, die von der öffentlichen Hand auf ein sozialverträgliches Niveau heruntersubventioniert worden waren. Der Begriff der Kostenmiete wird im preisgebundenen Wohnungsbau verwendet und bezeichnet die Miete, die mit Hilfe einer Wirtschaftlichkeitsberechnung ermittelt wird und den laufenden Aufwendungen entspricht – ohne Betriebskosten. Aber Rolf Lechner tritt diesem Eindruck entgegen: „Zum einen waren die reinen Baukosten viel höher als in dem, was wir damals Westdeutschland nannten, zum anderen hatten wir beispielsweise 1974 Baufinanzierungszinsen von 17 bis 19 Prozent“.

In Adlershof entsteht nun gegenwärtig um ein 380-Zimmer-Hotel herum ein Campusgelände, ein weiteres auf dem Grundstück „Am Oktogon“, eine Erinnerung an das alte Johannisthaler Flugfeld. 

© TSP Oktogon

Der Motor der Bautätigkeit waren eher die berühmten Verlustzuweisungen als Folge extrem hoher Abschreibungsmöglichkeiten, die zu paradiesischen Steuerersparnissen führten, „und der Trieb, Steuern zu sparen, ist bei manchen Menschen stärker als der Sexualtrieb“. Doch er hielt seine Firma aus der Goldgräberstimmung heraus, vermied so Angriffe aus der Hausbesetzerszene und war auch einer der ersten privaten Unternehmer, der die Wende der Baupolitik vom Neubau weg in Richtung Sanierung erkannte und sich als Sanierungsträger registrieren ließ.

200
Projekte hatte Immobilien-Doyen Rolf Lechner bis zum Verkauf im Jahr 2000

Mit der Wende kam eine neue Ära, die Projekte wurden immer größer und riskanter, während sich der Staat gleichzeitig aus der Finanzierung zurückzog. Dadurch gerieten viele private Bauträger in Bedrängnis. Lechner gründete eine Partnerschaft mit einem börsennotierten Unternehmen, kam aber mit dessen rein kursbezogener Ausrichtung nicht zurecht und verkaufte seine Anteile im Jahr 2000, nach rund 200 Projekten. Doch als reicher Privatier wollte er nicht leben, gründete die (nicht börsennotierte) „Immobilien-Experten-AG“ (Immexa) und fing erfolgreich von vorn an.

Zu seiner eigenen Überraschung gewann er 2015 den Wettbewerb um die Gestaltung des Baufeldes am S-Bahnhof Adlershof – vorangetrieben von seiner Tochter, die sich trotz einer Karriere in einer großen Wirtschaftsprüfungsfirma 2011 ins Unternehmen eingestiegen war. In Adlershof entsteht nun gegenwärtig um ein 380-Zimmer-Hotel herum ein Campusgelände, ein weiteres auf dem Grundstück „Am Oktogon“, eine Erinnerung an das alte Johannisthaler Flugfeld. Lechners Gesellschaft ist dort der größte private Projektentwickler, hat aber auch in anderen Teilen der Stadt und im Umland noch zahlreiche Eisen im Feuer.

Was denkt er, wenn er heute durch die Stadt geht? „Da ist manches, an das ich heute nicht mehr mein Schild hängen würde“. Aber er hat immer mit einer Vielzahl von stilprägenden Architekten wie Hinrich Baller oder Hans Kollhoff zusammengearbeitet, denen er großen Spielraum gab, das zahlte sich aus.

Corona, der Ukraine-Krieg und die Energiekrise haben ihn vorsichtiger werden lassen: Der neben dem Adlershofer Hotel geplante Kongress-Saal wird voraussichtlich nicht gebaut. Aber das entscheidet dann Mareike Lechner, die Nachfolgerin.

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