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Polizei im Einsatz (Symbolbild).

© dpa

Update

Einsatz bei minderjährigen Flüchtlingen: Berliner Jugendhilfe erhebt schwere Vorwürfe gegen Polizei

In einer Wohngruppe sollen Beamte unverhältnismäßig hart vorgegangen sein. Der Paritätische Wohlfahrtsverband fordert "geeignetes Verfahren" für solche Einsätze, die Grünen wollen den Fall im Abgeordnetenhaus thematisieren. Ein Verdächtiger war 100 Mal aktenkundig.

Sozialarbeiter, Polizisten und Flüchtlingshelfer nicht nur in Berlin debattierten über einen Einsatz in Lichtenberg - demnächst soll sich auch der Innenausschuss des Abgeordnetenhauses damit befassen. In Lichtenberg haben 13 Beamte am 9. Mai nach einem richterlichen Beschluss eine Jugendwohngruppe für unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge durchsucht. Die Polizisten suchten eigener Auskunft zufolge einen Syrer. Zunächst hatte es geheißen, der Jugendliche sei 18, später korrigierte sich die Behörde und teilte mit, dass der Verdächtige 17 Jahre alt sei. Er soll im Sommer 2017 auf dem über Berlin hinaus beliebten RAW-Gelände in Friedrichshain einem Gast ein Handy geraubt haben.

Jugendliche im Krankenhaus behandelt - Grüne verlangen Aufklärung

Wie berichtet, erhebt der Kinder- und Jugendhilfe-Verbund Berlin-Brandenburg (KJHV) schwere Vorwürfe gegen die beteiligten Polizisten. Zunächst, hatte eine KJHV-Mitarbeiterin gesagt, sei der gesuchte Syrer eben noch keine 18 Jahre alt - anders als von der Polizei zunächst angenommen. Bei der Razzia soll es zudem zu „unverhältnismäßigen und rechtswidrigen Handlungen sowie zu Misshandlungen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen“ gekommen sein. Der von der Polizei gesuchte Heranwachsende sei kooperativ gewesen, die Beamten hätten zudem Unbeteiligte bedrängt: Zwei Jugendliche seien sogar im Krankenhaus behandelt worden, einer davon drei Tage lang.

Die Berliner Grünen kündigten am Donnerstag an, den Einsatz im Innenausschuss des Landesparlamentes besprechen zu lassen. "Nach jetzigem Stand wirkt der Einsatz grob unverhältnismäßig. Die Vorwürfe und Rechtsbrüche, die im Raum stehen, sind zu klären und die Verantwortlichen müssen dringend die Entscheidungen, die zu diesem Einsatz führten, rechtfertigen", teilte die Grünen-Abgeordnete June Tomiak mit.

Polizei: Gesuchter mehr als 100 Mal als Verdächtiger aktenkundig

Am Mittwoch wurde bekannt, dass der junge Mann in mehr als 100 Fällen als Verdächtiger aufgefallen sei. Dabei handele es sich vorwiegend um Gewalt- und Raubtaten. Ein Polizeisprecher sagte, der Raubverdächtige sei in der Vergangenheit schon Polizisten gegenüber gewalttätig aufgetreten, weshalb 13 Beamte am Einsatz teilgenommen hätten. Wegen der Vorwürfe des KJHV werde jedoch auch wegen Verdachts der Körperverletzung im Amt ermittelt.

Eine zügige Aufklärung des Vorfalls forderte ebenfalls am Mittwoch auch der Paritätische Wohlfahrtsverband, also die Dachorganisation des KJHV. Darüber hinaus sei es notwendig, grundsätzliche Verfahren zu entwickeln, was die Polizei in Jugendhilfeeinrichtungen zu beachten habe. Der Berliner Vizechef des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Martin Hoyer, sagte dem Tagesspiegel: „Dazu müssen sich die Senatsjugendverwaltung und das Innenressort zügig abstimmen, damit die Polizei weiß, wie sie in solchen sensiblen Fällen vorzugehen hat.“ Es gelte, die Rechte junger Schutzbedürftiger zu berücksichtigen – ohne polizeiliche Ermittlungen zu gefährden.

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