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FÜNF  MINUTEN  STADT: Endlich zuhause

Aus dem Hamburger Exil zurück in Berlin. Heimatgefühle, endlich wieder offene Pöbeleien statt hanseatischer Ignoranz.

Aus dem Hamburger Exil zurück in Berlin. Heimatgefühle, endlich wieder offene Pöbeleien statt hanseatischer Ignoranz. Ankunft am Südkreuz. Die Ringbahn natürlich verspätet, ich beschwere mich am Schalter. Auch noch am falschen, dem von der Deutschen Bahn. Sichere Nummer, bestimmt werde ich angeschnauzt, wie sonst im Bus, wenn ich eine Einzelfahrkarte mit einem Zwanziger bezahlen will. Der Mann am Schalter schaut auf, hebt die Hände und dann – Überraschung! Er entschuldigt sich. Was ist hier los? Soll ich ihn für das schlechte Wetter verantwortlich machen? Die Bahn kommt, ich lasse die anderen Fahrgäste nicht aussteigen, drängle mich als Erster hinein. Jetzt aber, denke ich, volle Berliner Breitseite, ich bin bereit. Doch nichts geschieht. Die Bahn ist voll, kaum ein Platz frei. Trotzdem stelle ich meine Tasche auf den Nachbarsitz. Ein Arbeiter steigt zu, sieht den fast freien Platz neben mir. Er bleibt stehen, kein Wort. Verdammt, denke ich, was soll ich denn noch machen? Einfahrt S-Bahnhof Sonnenallee. Aus dem Fenster sehe ich den Dönerladen, die S-Bahn-Klause. Die Türen gehen auf. Direkt vor mir ein schon ordentlich angezündeter Obdachloser. Als ich aussteige, glotzt er mich an, wie den Typen, der ihm das letzte Sterni vor der Nase weggekauft hat. Er holt tief Luft und brüllt los: „Na, herzlichen Glückwunsch, du hast mir gerade noch gefehlt. Wichser!“ Endlich, denke ich, endlich zuhause. Dominik Drutschmann

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