
© Sönke Matschurek
„Endlose Hupkonzerte und die Luft völlig verpestet“: Wie Tagesspiegel-Leser auf das Verkehrschaos im Berliner Westen blicken
Viele Anwohner berichten von einer unzumutbaren Situation nach der Sperrung der A100-Brücke. Einige sehen in dem Verkehrschaos aber auch eine Chance, dass mehr Berliner aufs Rad steigen.
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Die kurzfristige Sperrung der maroden A100-Brücke und das damit einhergehende Verkehrschaos im Berliner Westen führen zu Unmut bei den Berlinern. Den Tagesspiegel haben bis Freitagvormittag viele Leserzuschriften zu diesem Thema erreicht – die Reaktionen reichen von Unverständnis bis Verzweiflung.
Was alle Mitteilungen gemeinsam haben, ist die große Sorge davor, wie es weitergehen wird: Viele befürchten einen anhaltenden Zustand. Die Ringbahnbrücke der A100 ist seit dem 19. März gesperrt – der Bau einer Ersatzbrücke könnte mehrere Jahre dauern.
Eine Leserin aus dem Berliner Westend schreibt: „Wie das in den nächsten Jahren weiter gehen soll, ist mir ein Rätsel.“ Sie sei als Anwohnerin unmittelbar betroffen. Am Morgen habe sie von der Ahornallee 90 Minuten gebraucht, um auf dem Spandauer Damm wieder freie Fahrt zu haben. Die beiden Straßen grenzen direkt aneinander. Abends sei die Situation ähnlich gewesen. Hinzu kamen: „Endlose Hupkonzerte und die Luft war völlig verpestet.“
Anwohnerin: „Seitenstraßen – eine einzige Abgas-Wolke“
Auch eine Anwohnerin vom nahegelegenen Klausenerplatz berichtet von verschlechterter Luftqualität. Die Seitenstraßen rund um den Platz am Spandauer Damm seien „zu einer einzigen Abgas-Wolke geworden“, schreibt Angelika M., „hunderte Autos“ stauten sich in den „engen Straßen, um dem Stau zu entgehen“.
Das führe zu einer angespannten Situation im gesamten Klausener Kiez, beobachtet auch Leserin Birgit S., die mit dem Rad dort unterwegs war. Es fühle sich an wie in einem „Kriegsspiel“, schreibt sie dem Tagesspiegel. „Autofahrer:innen nehmen das Vorbeifahren mit dem Rad als persönlichen Angriff auf ihre festgefahrene Situation. Jede Kreuzung eine neue Konfrontation!“ Selbst Fußgänger haben ihrer Beobachtung zufolge Schwierigkeiten, die gestauten Straßen zu überqueren.
Ein ähnliches Bild beobachtet Tagesspiegel-Leserin Gisela R. am Donnerstag in Moabit. Die genervten Verkehrsteilnehmer „hupten, die Luft stank und die Autofahrer:innen kamen höchstens im Schritttempo voran“, schreibt sie dem Tagesspiegel.
Verzweiflung ist auch aus der Zuschrift von einem Anwohner der Windscheidstraße herauszulesen. Er traue sich kaum, mit dem Auto loszufahren, schreibt Wolf T. aus Charlottenburg. „Denn ich weiß: Wenn ich wiederkomme, brauche ich mindestens eine halbe Stunde für den Parkplatzsuchverkehr, weil ich im Stau nicht vorankomme.“
Er sieht in dem Verkehrschaos aber auch eine Chance: „Ich hoffe, dass es jetzt möglichst viele so machen wie ich: aufs Fahrrad umsatteln. Komplett und vollständig.“ Er beobachtet am Freitag eine Verbesserung im Gegensatz zu Donnerstag, es seien „deutlich weniger Fahrzeuge unterwegs“. Zusammenhängen könnte das aber auch mit dem Ende des BVG-Streiks.
Auch M. Teebken findet, mehr Berliner sollten jetzt aufs Fahrrad steigen. Und hat dazu noch einen anderen Vorschlag: Er finde, „dass alle Radfahrer die defekte Brücke weiter nutzen dürfen, damit sie den Abgasen in den Nebenstraßen entkommen“. Er sieht darin „ein Experiment“, wie eine „breite Fahrradstraße ohne Autoverkehr (siehe Verkehrskonzepte in Amsterdam und Kopenhagen) von der Bevölkerung angenommen wird“.
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