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Update

„Entlastung für die Kraftfahrzeug-Fahrenden“: Berliner Senat kündigt drei Radschnellwege durch Parks an

Die Verkehrsverwaltung veröffentlicht konkrete Pläne für Radpisten in Parkanlagen. Görlitzer Park und Hasenheide werden verschont, andere Grünflächen nicht.

Von Christian Hönicke

In der vergangenen Woche befand die Senatsverkehrsverwaltung, es sei noch nicht klar, ob die Radschnellwege tatsächlich durch Parks geführt werden. Doch nun haben die Planer erste Vorzugsvarianten für Radwege durch Grünanlagen vorgeschlagen.

Mindestens drei neue Radschnellwege in Berlin sollen trotz der Kritik von Fußgängerverbänden durch Grünanlagen geführt werden. Das hat die Senatsverkehrsverwaltung nun bekannt gegeben. „So verläuft die derzeitige Vorzugstrasse der RSV 3 (‚Königsweg-Kronprinzessinnenweg‘) durch den Friedenthalpark, die Vorzugstrasse der RSV 6 (‚Teltowkanalroute‘) läuft derzeit etwa durch den Hans-Baluschek-Park, die Vorzugstrasse der RSV 1 (‚Y-Trasse‘) verläuft unter anderem am Delfter Ufer“, heißt es in einer Mitteilung. Außerdem könnte die Y-Trasse durch den Carl-Weder-Park in Britz geführt werden. 

Der Plan sieht sich starker Kritik ausgesetzt, weil damit die Rechte von Fußgängern in Parks ausgehebelt werden sollen. Nach dem Berliner Grünanlagengesetz haben sie dort bisher stets Vorrang.

Das soll sich nun ändern – dafür sollen die Trassen als Teil der Grünanlagen entwidmet und zu Verkehrsflächen umgewandelt werden, auf denen die StVO gilt. Der Fußgängerverein Fuss e.V., aber auch der Fahrradclub ADFC fürchten dadurch Konflikte zwischen Fußgängern und Radfahrern.

Auf diese Konflikte gehen nun auch die Planer der landeseigenen Infravelo ein. So heißt es in der Studie zur „Teltowkanalroute“, die Führung durch den Hans-Baluschek-Park sei „aus verkehrlicher Sicht“ zu bevorzugen, „da eine getrennte Führung von Rad- und Fußverkehr zu einem Qualitätsgewinn für beide Verkehrsarten führt“.

Im nächsten Schritt sei nun aber zu prüfen, „ob dieser Führungsvorschlag in Bezug auf die Gesamtqualität des Parks und unter Berücksichtigung umwelt- und naturschutzrechtlicher Aspekte möglich ist“.

Die drei Schnellwege sind zusammen 40,7 Kilometer lang - davon sollen 25,4 Kilometer auf "separaten Wegen abseits des Kraftfahrzeug-Verkehrs" verlaufen und nur 15,3 Kilometer direkt an Straßen. Die Führung abseits der Straßen und durch Grünanlagen "ermöglicht ein sicheres und entspanntes Vorankommen für die Radfahrenden sowie eine Entlastung des Straßenverkehrs für die Kraftfahrzeug-Fahrenden", schreibt die Infravelo.

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Das lese sich "wie aus dem Jahr 1960, nicht von 2020", kritisiert Fuss-Vorstand Roland Stimpel. "Autotrassen und Parkplätze werden freigehalten und vom Radverkehr 'entlastet'. Dagegen werden Natur, Erholung und Fußverkehr massiv bedrängt." Die Radplaner folgten offenbar der Parole: "Friede dem Auto, Krieg den Spaziergängern.“ Der Sprecher der Verkehrsverwaltung, Jan Thomsen, spricht von einer „unglücklichen“ Formulierung der Infravelo. Die Vorstellung, man würde Autos entlasten und dafür Fußgänger in Parks „quälen“ wollen, sei aber „absurd“.

Die mögliche Führung auch durch Grünanlagen sei nicht von vornherein ausgeschlossen worden, "weil nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass es auch allseits verträgliche Lösungen in bestimmten Park- und Grünanlagen geben kann", so Thomsen. "Genau dies wird auf Grundlage der jetzt vorliegenden ersten Planer-Vorschläge für die Trassen untersucht."

[Der Autor dieses Textes, Christian Hönicke, schreibt den Tagesspiegel-Newsletter für Berlin-Pankow. Den gibt es hier: leute.tagesspiegel.de]

Die „Vorzugstrassen“ stellen die planerisch am besten bewertete Route dar, eine finale „Festlegung auf die Trassen ist damit noch nicht erfolgt“, betont die Verkehrsverwaltung. Vorher würden „mögliche Zielkonflikte zum Beispiel mit zu Fuß gehenden Parknutzenden“ geklärt. Änderungen der Trassen seien noch bis zum Planfeststellungsbeschluss möglich. Die ersten Planfeststellungsverfahren sollen 2021 beginnen.

Endgültig verworfen wurden laut Verkehrsverwaltung dagegen Rad-Trassen durch den Görlitzer Park und die Hasenheide. Eine Routenführung werde dort „nicht weiterverfolgt“.

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