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Elf Prozent aller Schüler in Berlin werden an Schulen freier Träger unterrichtet.

© dpa/Jens Kalaene

„Es geht um die Existenz“: Tausende Plätze an freien Schulen in Berlin in Gefahr

Kosten explodieren, die staatliche Unterstützung bleibt gleich: Berlins freie Schulen befürchten den Abbau von dringend benötigen Schulplätzen.

Birgit Hoyer schildert die Problemlage aus ihrer Sicht drastisch: „Es geht um die Existenz von elf Prozent der Schulplätze in Berlin“, sagt die Leiterin des Bereichs Bildung im Erzbistum Berlin-Brandenburg. Elf Prozent der Schüler an den allgemeinbildenden Schulen in der Hauptstadt, genau gesagt 35.711 Kinder und Jugendliche, werden derzeit in Schulen in freier Trägerschaft unterrichtet. Zu diesen Trägern gehört auch das Erzbistum.

Aber zumindest ein Teil dieser Plätze sei in Gefahr, jedenfalls dann, wenn die freien Träger nicht schnell mehr Geld vom Land erhielten, appelliert Birgit Hoyer am Freitag als die „Arbeitsgemeinschaft Schulen in freier Trägerschaft“ (AGFS) auf die Probleme aufmerksam macht, die die Träger umtreibt.

Sorgen wegen enorm steigender Energiekosten

Die steigenden Sach- und Energiekosten bereiteten den Trägern „große Sorgen“, sagt Christina Lier von der Evangelischen Schulstiftung. Am Beispiel der Schulen ihrer Stiftung erklärt sie die Probleme: „Wir werden im Jahr 2022 rund 572.000 Euro allein für Strom ausgeben, im nächsten Jahr aber wird die Rechnung bei gleichbleibendem Verbrauch knapp 1,040 Millionen Euro betragen.“

Wir brauchen Geld aus dem üppigen Schulbauprogramm“

Julian Scholl, Vertreter der Waldorfschulen

Sie fordert, dass auch die Träger freier Schulen in die Sofortunterstützung des Senats für Schulen bei Energiekosten einbezogen werden und auch mittel- und langfristig für solche Ausgaben Geld erhalten.

Derzeit bekommen die Träger maximal 93 Prozent der Mittel, die sie für Lehrkräfte ausgeben. Die Kosten für Sozialarbeiter, Erzieher oder Sachkosten müssen sie dagegen selber tragen. Auch für Fortbildungsmaßnahmen gebe es keine finanziellen Mittel, sagt Birgit Hoyer.

Mit Schulgeld werden finanzielle Lücken geschlossen

Die finanziellen Lücken müssten mit Schulgeld, effektivem Einsatz der Mittel oder weiterer Unterstützung der Träger finanziert werden. Für die AGFS sei es nötig, dass die Personalkosten für Sonderpädagogen komplett übernommen werden.

Julian Scholl, Vertreter der Waldorfschulen, fordert zudem, dass auch freie Träger Geld aus dem „sehr üppigen Schulbauproramm erhalten“. Bislang gebe es etwa für Schulsanierung oder -ausbau keine Mittel.

Dabei hätten die freien Schulen sofort und engagiert reagiert, um ukrainische Kinder aufzunehmen. „850 ukrainische Schüler und Schülerinnen werden in Schulen freier Träger unterrichtet. Das sind 16 Prozent aller ukrainischer Schüler und Schülerinnen in Berlin“, sagt er.

Mit mehr Geld könnten Hunderte Schulplätze entstehen

Wenn die Schulen genügend Geld erhielten, könnten schnell Hunderte weitere Schulplätze eingerichtet werden. Die AGFS fordert einen Zuschuss von 17.500 Euro für jeden neu geschaffenen Schulplatz und einen Zuschuss von 1750 Euro je Schulplatz für die Sanierung.

Christiane Lier betont, „dass wir die zusätzlich benötigten Mittel nicht über Einsparungen erhalten können. Wir wollen natürlich kein Personal entlassen, wenn wir von guter Bildung in Berlin reden, andererseits wollen wir ja auch die Eltern nicht mit mehr Schulgeld belasten.“

Ohnehin zahlten Eltern, die mehr verdienten als andere, jetzt schon mehr Schulgeld. Menschen, die Transferleistungen erhalten, sind dagegen vom Schulgeld völlig befreit.

20 Schulen unterhält das Erzbistum in Berlin– und Birgit Hoyer warnt: Zumindest ein Teil dieser Schulplätze könne wegfallen, wenn es keine finanzielle Unterstützung gebe. „Aber wir wollen die Zahl der 20.000 Schulplätze, die in Berlin fehlen, nicht erhöhen.“

Am Sonntag, 18. September, können die freien Schulen zumindest die Plätze, die sie aktuell besitzen, gut präsentieren. Dann findet im und am Deutschen Theater (Schumannstraße 13a, 10117 Berlin) der „Tag der Freien Schulen Berlin“ statt.

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