
© Andreas Klaer
„Es gibt Leute, die man nie loswird, zum Beispiel mich“: Gregor Gysi kandidiert erneut für den Bundestag
Eigentlich hatte er andere Pläne: In der größten Krise seiner Partei wirft sich Gysi wohl zum letzten Mal in den Wahlkampf. Mit ausgetretenen Ex-Mitgliedern um Lederer und Breitenbach geht er hart ins Gericht.
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Linken-Urgestein Gregor Gysi kandiert erneut für den Bundestag. Gysi zufolge soll die Entscheidung am kommenden Mittwoch – nach einem Gespräch mit Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch – auch offiziell verkündet werden. Laut übereinstimmenden Angaben aus Parteikreisen ist sie aber längst gefallen.
Auf dem zum Wahlkampfauftakt deklarierten Landesausschuss der Berliner Linke am Freitagabend geizte Gysi nicht mit Andeutungen: „Man darf unser Alter nicht vergessen. Man darf aber auch nicht vergessen, dass wir in dieser Situation vielleicht gebraucht werden“, erklärte er unter dem tosenden Beifall seiner Zuhörer.
Bezogen hatte sich Gysi dabei auf den einstigen Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch, Thüringens Ministerpräsidenten Bodo Ramelow und sich selbst. Bereits vor Wochen war auf dem Bundesparteitag der Linke die Idee einer „Aktion Silberlocke“ geboren worden.
Kritik an Lederer und Breitenbach
„Wir hatten ursprünglich andere Entscheidungen getroffen“, ergänzte Gysi vielsagend. Die vorgezogene Neuwahl und die Krise seiner Partei haben ihn aber offenbar überzeugt, 20 Jahre nach seinem Einzug in den Bundestag erneut für diesen zu kandidieren. Gysi hat das Direktmandat in Treptow-Köpenick seit 2005 stets gewonnen.
Hart ins Gericht ging Gysi mit den vor knapp drei Wochen ausgetretenen Ex-Mitgliedern seiner Partei um Klaus Lederer und Elke Breitenbach. „Ich kann überhaupt nicht verstehen, gerade in dieser Zeit zu gehen“, sagte der 76-Jährige mit Bezug auf den aktuellen Rechtsruck in Umfragen und bei den ostdeutschen Landtagswahlen. „Bei manchen ist das nachvollziehbar, bei anderen ist das unverständlich“, sagte Gysi mit Bezug auf die Ausgetretenen und ergänzte schnippisch: „Es gibt Leute, die man nie loswird, zum Beispiel mich.“
Franziska Brychcy, Co-Landeschefin der Linke, appellierte vor dem Hintergrund der jüngsten Auseinandersetzungen im Berliner Landesverband an die versammelten Genossen – und kritisierte den Austritt der ehemaligen Parteifreunde. „Ich nehme die Austrittsgründe sehr ernst, wenngleich ich ihren Weg nicht teile“, sagte Brychcy und ergänzte: „Wir sind nicht für uns selbst da, sondern für die Menschen da draußen.“ An die Partei gewandt erklärte sie: „Lasst uns uns gegenseitig wertschätzen und unterstützen und nicht gegenseitig fertigmachen.“
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