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Berlin: Es leuchtet die Lausitz

An den Seen des früheren Tagebaus wird am Wochenende mit einer nächtlichen Kunstaktion gefeiert

Senftenberg - Mit Taschenlampen und Batterien machen Geschäfte zwischen Großräschen, Senftenberg, Spremberg und Cottbus derzeit gute Umsätze. Auch Fahrradhändler werden häufiger als sonst mit der Reparatur der Beleuchtung beauftragt. Der Grund für Nachfrage liegt an der Einladung zu einem beispiellosen Kunstprojekt am kommenden Sonnabend. Ab 21 Uhr sollen sich möglichst viele Einwohner und Gäste auf dem zwölf Kilometer langen Rundweg um den ehemaligen und zur Hälfte gefluteten Tagebau bei Sedlitz an der brandenburgisch-sächsischen Landesgrenze einfinden und den Himmel mit Taschen-, Fahrrad- und Stirnlampen eine Stunde lang erleuchten. Damit feiert die Internationale Bau-Ausstellung (IBA) in der Lausitz, die den dramatischen Wandel von der Tagebau- in eine Seenlandschaft mit vielen Projekten zehn Jahre lang begleitet hat, ihren Abschluss.

Ausgedacht hat sich die Aktion der Schweizer Künstler Jürg Montalta, der mit 3000 bis 5000 Teilnehmern rechnet. Für sie hat der 55-Jährige kleine Regieanweisungen auf einem Handzettel vorbereitet. Schließlich steht die Menschenkette unter dem Motto „Auf zu neuen Ufern“. Es gebe aber kein Feuerwerk oder eine andere Show, schränkt der Künstler ein: „Die Zuschauer selbst erschaffen das Ereignis. Das ist das Einzigartige.“

Eine Hauptrolle spielen 500 Trommler sowie mehrere Fanfarenzüge, deren Musik die unterschiedlichen Epochen in der Lausitz symbolisiert. Die klassischen Fanfarenlieder stehen für die alte Zeit, ein chaotisch klingender Mittelteil spiegelt die wirtschaftlichen, sozialen, politischen und landschaftlichen Umbrüche wider, während beschwingte Sambaklänge die neue Zeit feiern. Leuchtsignale fordern zum Ein- oder zum Abschalten der Taschenlampen auf.

Das kleine Sedlitz war von den IBA-Machern um den einstigen Dessauer Bauhaus-Direktor Rolf Kuhn schon frühzeitig als Ort des großen Finales ausgewählt worden. Die sich langsam mit Spree-, Neiße- und Grundwasser füllende Tagebaugrube wird schließlich Teil einer spätestens in fünf bis acht Jahren aus 30 Gewässern bestehenden neuen Seenkette mit einer 14 000 Hektar großen Wasserfläche. Zwischen der Hälfte von ihnen können Ausflugsdampfer und Yachten dank über- und unterirdischer Kanäle hin- und herfahren.

Kuhn hatte auch davon geträumt, auf einem schwimmenden Steg den Sedlitzer See zu überqueren. Dafür kaufte die IBA im Vorjahr sogar die lange Pontonbrücke, auf der die Besucher der Bundesgartenschau im Vorjahr über den Schweriner See spaziert waren. Am Ende aber fehlten Zeit und Geld, sodass der geplante Steg in die Aufgaben der örtlichen Tourismus- und Gemeindeverbände fällt.

Bei anderen Projekten hatte die IBA, die seit dem Jahre 2000 mit einem Gesamtetat von immerhin rund 46 Millionen Euro wirtschaften konnte, mehr Glück. „Unser Durchbruch gelang 2002 mit der Eröffnung der riesigen Förderbrücke ‚F 60‘ in Lichterfeld als begehbares Besucherbergwerk“, erinnert sich Professor Kuhn. „Ursprünglich sollte das stählerne Monstrum, das so treffend mit einem liegenden Eiffelturm umschrieben wird, gesprengt werden. Heute ist die Förderbrücke Anziehungspunkt für Gäste und Künstler aus aller Welt.“ Auch die Biotürme in Lauchhammer, die schon mal mit einer mittelalterlichen Festung verglichen werden, konnten vor dem Abriss gerettet und zu Aussichtspunkten umgestaltet werden. Sie zählen heute zu den insgesamt 30 IBA-Projekten, mit denen an die Vergangenheit der Lausitz mit ihren Tagebauen, Kohlefabriken und Kraftwerken erinnert werden soll. „Wir schaffen eben keine zweite Mecklenburgische Seenplatte“, lautet ein Standardsatz des 63-jährigen Professors. „Die nachfolgenden Generationen sollen schon merken, dass sie sich in einer von Menschenhand geschaffenen Landschaft bewegen.“

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