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Für immer geschlossen. Die Pandemie zwingt immer mehr Unternehmer zum Aufgeben.

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„Es war unser Leben“: Das sagen zwei Berliner Unternehmer, die Corona in die Pleite getrieben hat

Kein Unternehmen werde zurückgelassen, versprach Wirtschaftsminister Altmaier. Ein Taxiunternehmer und ein Gastronom mussten wegen Corona trotzdem aufgeben.

Kein Unternehmen müsse wegen der Coronakrise in Insolvenz gehen. Das versprach Wirtschaftsminister Altmaier vor genau einem Jahr. Trotzdem blieben Unternehmen auf der Strecke. Ein Gastronom und ein Taxiunternehmer haben im Laufe des vergangenen Jahres ihre Betriebe in Berlin aufgelöst. Hier erzählen sie ihre Geschichte:

Vor einem Jahr, sagt Chaitanya Singh, war „noch alles gut“. Zwölf Monate später ist alles anders. Singh, der seit zehn Jahren in Deutschland lebt, bereitet mit seinen drei Kindern und seiner Frau seine Rückkehr nach Indien vor. Ein Neubeginn in Neu Delhi.

„Ein drittes Mal mit einem Restaurant von vorne anzufangen, ist einfach zu viel für mich“, sagt Singh. Im November 2019 wollte er nochmal etwas wagen. Aus dem Bistro „Kreuz & Kümmel“ in Prenzlauer Berg war ein Restaurant in Mitte geworden. Im Erdgeschoss des Hotels Augustinenhof von der Berliner Stadtmission sucht Singh die neue Herausforderung.

Die ersten Monate laufen viel versprechend an. Der Laden sei voll gewesen, die Zusammenarbeit mit dem Hotel habe funktioniert und das touristische Klientel sei spendabel gewesen, sagt Singh. Ein Tagesspiegel-Kritiker lobt den „vorsichtigen Versuch einer Fusion zwischen Indien und Europa“.

Doch nicht einmal fünf Monate später, am 15. März, ist für Chaitanya Singh und seine zwölf Mitarbeiter Schluss. Lockdown. Auch das Hotel schließt. Unterstützung für den Laden bekommt Chaitanya nicht. Nur Kurzarbeitergeld, doch das habe nicht gereicht. „Ich habe eine Wohnung in Prenzlauer Berg und drei Kinder auf der Privatschule“, sagt er.

Im Juni öffnet er „Kreuz & Kümmel“ nochmals, doch jetzt dürfen nur noch 30 statt 75 Gäste kommen. Meist sind aber nicht mal die da. Niemand möchte in Innenräumen essen, Touristen sind fast keine in Berlin. Im September schließt Singh den Laden wieder. Dieses Mal für immer.

So wird es nicht mehr sein. Das "Kreuz & Kümmel" in der Auguststraße in Mitte.
So wird es nicht mehr sein. Das "Kreuz & Kümmel" in der Auguststraße in Mitte.

© promo

Auch Bernd Stumpf musste mit seinen 69 Jahren noch einmal neu anfangen. 1988 hatte er sich mit einem Partner selbstständig gemacht. Gemeinsam gründen sie die Taxiflott GmbH, Anfang 2020 beschäftigt er 24 Fahrer. „Das war unser Leben“, sagt er.

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Doch dann stehen die Welt und die meisten Taxis still. Zwei Monate warten die Unternehmer, im Mai geben sie auf, bevor die kompletten privaten Rücklagen aufgebraucht sind. Zu hoch die Fixkosten, für die sie keine Unterstützung bekommen. Zwei Wagen sind noch nicht abgezahlt, dazu Miete und die Beträge für Taxifunk und Kreditkartengeräte. Stumpf und sein Partner ziehen die Notbremse. „Für die Fahrer war es ein großer Schock.“ Seinen Partner nimmt die Sache noch mehr mit. Er lässt sich in eine Psychiatrie einweisen, die Ärzte diagnostizieren eine schwere Depression. Inzwischen sei er aber wieder halbwegs auf dem Damm.

Auch Stumpf hat sich berappelt. Heute arbeitet er an einem Projekt für Batteriewechselgeräte – seine Erfahrungen und Kontakte helfen dabei. Er sieht, wie die Branche leidet. Von 8300 Taxis in Berlin Anfang 2020 sind ein Jahr später noch rund 6700 übrig. Trotzdem will Stumpf irgendwann wieder hinters Steuer. „Ich bin einfach mit Herzblut Taxifahrer und Unternehmer.“

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