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Hubertus Knabe leitete früher die Stasiopfer-Gedenkstätte Hohenschönhausen.

© Tim Brakemeier/dpa

Update

Ex-Direktor der Stasi-Opfer-Gedenkstätte: Knabe sagt im Untersuchungsausschuss Hohenschönhausen aus

Hatte er bis kurz vor seiner Entlassung keine Kenntnisse von sexueller Belästigung in seinem Haus? Das beteuerte Knabe am Dienstag im Ausschuss.

Zwei Kernaussagen formulierte der frühere Direktor der Stasi-Opfer-Gedenkstätte Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, als er zwischen seinen beiden Rechtsanwälten saß. Erstens: „Die Personalverantwortung für die Gedenkstätte Hohenschönhausen hatte bis 1. Juli 2018 Klaus Lederer als Vorsitzender des Stiftungsrats, er trägt die Verantwortung, dass nichts zum Schutz der Frauen unternommen wurde.“ Lederer, der Kultursenator der Linken also. Zweitens: „Bis eine Woche vor meiner Kündigung hatte ich keine Kenntnis, dass es an der Gedenkstätte sexuelle Belästigungen gab.“

Damit hatte Knabe am Dienstag seine wichtigsten Informationen dem Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses zur Stasi-Opfer-Gedenkstätte mitgeteilt. Der Ausschuss soll die Hintergründe von Knabes Entlassung als Gedenkstätten-Direktor klären. Ihm wurde vorgeworfen, er habe nicht angemessen auf Vorwürfe sexueller Belästigungen von Mitarbeiterinnen durch seinen Stellvertreter Helmuth Frauendorfer reagiert.

Man habe ihn völlig im Unklaren über die Vorwürfe gelassen, sagte Knabe am Dienstag. Im Frühjahr 2016 habe ihm der damalige Kulturstaatssekretär Tim Renner vage von Vorwürfen durch drei Frauen erzählt, es sei um sexuelle Berührungen von Frauendorfer gegangen. Renner habe aber auf Nachfragen nicht erklärt, was genau vorgefallen sei. Er selbst habe, sagte Knabe, am nächsten Tag Frauendorfer ermahnt, sein Verhalten zu ändern.

Renner dagegen hatte vor dem Ausschuss erklärt, er habe Knabe sehr wohl konkret informiert. Knabe wies dies in seiner Aussage zurück, für die eine Wahrheitspflicht wie vor Gericht gilt.

Im Sommer 2018 habe ihn Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) über weitere Vorwürfe informiert, aber „eher kryptisch“. Obwohl er Lederer „fast inständig gebeten habe, mehr Informationen zu liefern“, habe der Senator „nicht die kleinste Auskunft gegeben“. Die Details der Vorwürfe habe er dann durch eine Medienanfrage erfahren. Lederer habe dagegen, so erklärt Knabe, „hinter meinem Rücken“ eine Anwältin engagiert, die sich mit den betroffenen Frauen unterhalten habe. Erst eine Woche vor seiner Kündigung sei er umfassend über die Vorwürfe informiert worden, sagte Knabe. Und erst am 1. Juli 2018 habe er die Personalverantwortung erhalten.

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Diese Kündigung im September 2018, sagte Knabe, „ist für mich völlig überraschend“ gekommen. Lederer habe nie Kritik an seiner Arbeit geäußert. „Ich war der Willkür von Herrn Lederer schutzlos ausgesetzt.“ Knabe hält die Gründe für seine Entlassung für vorgeschoben, „weil man mich loshaben wollte“. Dann zitierte er sogar die „Zersetzungs“-Richtlinie der Stasi, mit der der DDR-Geheimdienst Regimekritiker psychisch demoralisierte. „Diese Passage liest sich fast wie ein Drehbuch meiner Ablösung“, sagte Knabe. Für ihn ist es eine „Schweinerei“, dass Lederer und Renner drei Jahre lang nichts zum Schutz der Frauen unternommen hätten. Beiden warf er Lügen vor.

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SPD-Obmann Christian Hochgrebe kommentierte: Es habe sich bestätigt, dass Knabe nie die Schuld bei sich selbst, sondern stets bei anderen suche.

Für die Opposition aus CDU, FDP und AfD steht hingegen fest, Lederer habe alles getan, um Knabe ins offene Messer laufen zu lassen. Derlei hatten die bisherigen Zeugen aber stets widersprochen und Knabes Entlassung verteidigt, darunter Kulturstaatsministerin Monika Grütters und der frühere Brandenburger Landtagspräsident Dieter Dombrowski (CDU): Einer Aufarbeitung der Vorwürfe habe sich Knabe strikt verweigert – und Lederer habe sauber gehandelt.

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