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Exzentriker und Ost-Belmondo: „Paul und Paula“-Star Winfried Glatzeder wird 80
Markante Boxernase, 1,92 Meter hoch – und jetzt bald 80 Jahre alt: Der Exzentriker und Ost-Belmondo Winfried Glatzeder, bekannt vor allem durch „Paul und Paula“ will trotzdem nicht groß feiern.
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Er ist ein Exzentriker, wie es sie nur noch selten gibt, und hat ein Gesicht, das durch die bei einer Prügelei verformte Nase in Erinnerung bleibt: Winfried Glatzeder ist ein Unikat im deutschen Schauspielgeschäft. Und er ist einer der Wenigen, die quasi nahtlos ihre Karriere in der DDR nach der Ausbürgerung in den Westen mit Erfolg fortsetzen konnten. Am Samstag, dem 26. April, wird Glatzeder 80 Jahre alt.
Feiern will er den Ehrentag nicht, wie er in Interviews sagte. Selbst die Goldene Hochzeit mit seiner Frau Marion wollte er vor einigen Jahren nicht feiern. „Ich will gar nicht wissen, wie schnell die Zeit vergeht“, sagte er damals der Illustrierten „Bunte“. Den Blick in den Spiegel finde er furchtbar.
Früher reagierten allerdings nicht wenige Frauen positiv auf seinen Anblick. „Belmondo des Ostens“ war der Spitzname Glatzeders. Den Vergleich mit der französischen Schauspielikone Jean-Paul Belmondo verdankte er seiner markanten Nase, dazu kam sein 1,92 Meter hoch aufgeschossener, schlaksiger Körper.
Ruhm durch DDR-Liebesdrama „Die Legende von Paul und Paula“
Mit diesem besonderen Aussehen bekam Glatzeder die Hauptrolle in dem wohl bekanntesten Film der DDR – „Die Legende von Paul und Paula“, ein 1973 veröffentlichtes, unkonventionell erzähltes Liebesdrama, das die Lebensumstände in Ostdeutschland realistisch zeigte.
Manchen überraschte, dass der Film die DDR-Zensur passieren konnte, aber der damals frisch ins Amt gekommene Staatsratsvorsitzende Erich Honecker ließ ihn zu. Der Film hat Kultstatus – bis heute wird Glatzeder auf ihn angesprochen.
Der Schauspieler kam am 26. April 1945 in der Nähe von Danzig zur Welt. Eine Freundin seiner Großmutter weckte bei ihm die Lust auf die Schauspielerei, allerdings aus einem profanen Grund. Die Freundin war Schauspielerin und habe einmal bei einer Feier geprahlt, sie brauche nur einmal ins Mikrofon zu rülpsen und habe schon hundert Mark verdient. Das überzeugte den damals Zwölfjährigen.
Er lernte seinen Beruf mit 20 Jahren von der Pike auf in Babelsberg an der Schauspielschule und hatte bald erste größere Rollen am Theater. Die größten Publikumserfolge hatte er dann aber im Kino – „Zeit der Störche“, „Der Mann, der nach der Oma kam“ oder „Till Eulenspiegel“ waren erfolgreiche Defa-Produktionen.
1982 wurde Glatzeder auf seinen Antrag hin ausgebürgert. Im Westen Deutschlands fand er direkt Rollen in Film, Fernsehen und Theater. Ein riesiger Erfolg wie „Die Legende von Paul und Paula“ war nicht mehr dabei, aber Glatzeder war in zahlreichen erfolgreichen Serien zu sehen. So spielte er in zwölf Folgen ab 1996 im Berliner „Tatort“ den Kommissar Ernst Roiter.
Ein absoluter Egomane und Exzentriker.
Robert Glatzeder über seinen Vater Winfried
Einfach machte es Glatzeder seinen Kollegen dabei nicht immer. Sein Sohn Robert, der selbst Schauspieler ist, sagte einmal über den Vater, dieser sei ein „absoluter Egomane und Exzentriker“.
Wie aufbrausend der in Berlin lebende Schauspieler sein kann, erlebten die Zuschauer im RTL-„Dschungelcamp“, in das Glatzeder 2014 einzog. Schnell bekam er den Spitznamen „Wutfried“ wegen seiner Wutanfälle. Angeblich war das nur gespielt – er habe sich selbst die Rolle des „genervten Alten“ gegeben, sagte er später dem „Focus“.
Das Klischee, dass Alter auch Gelassenheit mit sich bringt, versucht Glatzeder gar nicht erst zu bedienen. Dafür scheinen seine Energie und auch sein Tatendrang ungebrochen – in diesem Jahr war er schon im Fernsehfilm „Kanzlei Liebling Kreuzberg“ und im Kinofilm „Kundschafter des Friedens 2“ zu sehen.
Er macht einfach weiter und hat auch ein Ziel vor Augen: Glatzeder will mindestens 104 Jahre alt werden, wie er kürzlich im Mitteldeutschen Rundfunk sagte. Der Grund ist ähnlich profan wie der für seinen Einstieg in die Schauspielerei: Er habe bei einer Bank eine Rentenversicherung abgeschlossen, die sich erst dann lohne. (AFP/Tsp)
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