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Straßenbau in Berlin: Finanzsenator spart am Asphalt

Wegen des milden Winters soll es weniger Geld für Straßensanierung geben. Die Bezirke klagen, dass schon jetzt viele Schlaglöcher ungestopft bleiben.

Autofahrer müssen sich in Berlin offenbar auf neue Holperpisten einstellen: Nach Informationen des Tagesspiegels will Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) das Schlaglochsonderprogramm von Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) in diesem Jahr drastisch kürzen. Als Begründung dient der milde Winter, der weniger Schäden angerichtet habe als in den Jahren zuvor – ein fataler Irrtum, heißt es in den für den Straßenunterhalt verantwortlichen Bezirken.

30 Millionen Euro standen den zwölf Bezirken zusammen 2011 für den Straßenunterhalt zur Verfügung, 32 Millionen sollen es in diesem Jahr werden. Das reicht nicht einmal für die dringlichsten Reparaturen. Deshalb gibt es seit 2010 das Schlaglochsonderprogramm mit jährlich weiteren 25 Millionen Euro. Auch im Entwurf für den noch nicht verabschiedeten Landes-Doppelhaushalt 2012/13 wurden diese Beträge eingestellt. Noch im April hat Senator Müller die Mittel in Aussicht gestellt, sagt Baustadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne) aus Pankow.

Jetzt verweist man bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung an das Finanzressort. Das Programm sei eine besondere Vorsorge für die Beseitigung von Winterschäden, erklärt Nußbaums Sprecher Philip Husemann. Die tatsächliche Bereitstellung der zusätzlichen Mittel sei abhängig vom Winterverlauf. „Für 2012 wird aufgrund des milden Winters von einem deutlich geringeren Bedarf gegenüber den Vorjahren ausgegangen.“

„Eine solche Entscheidung können nur unwissende Menschen am grünen Tisch treffen“, sagt Rainer Hölmer (SPD), Baustadtrat in Treptow-Köpenick, dem Bezirk mit der größten Straßenfläche Berlins. Bei einer weiteren Mittelkürzung seien die Straßen in ihrer Substanz endgültig gefährdet. Dann gebe es keine andere Möglichkeit mehr, als die Geschwindigkeit überall auf 30 oder noch weniger Stundenkilometer zu beschränken.

Nicht Dauerfrost, sondern Feuchtigkeit und Temperaturschwankungen sind ausschlaggebend für Straßenschäden, betont Stadtrat Kirchner. „Durch die nasse Witterung sind auf vielen provisorisch befestigten oder unbefestigten Straßen erhebliche Instandsetzungsarbeiten notwendig geworden“, ergänzt sein Spandauer Kollege Carsten Röding (SPD). Er habe bereits im Januar auf eine Fortsetzung des Sonderprogramms gedrängt, insgesamt sei der Zustand der Straßen „besorgniserregend“.

Immer wieder einzelne Schlaglöcher zu stopfen sei unter dem Strich teurer als großflächige Sanierungen, betont Jens-Holger Kirchner. Allein um die Substanz zu erhalten, bräuchten die Bezirke Carsten Röding zufolge etwa das Doppelte der bisher bewilligten Finanzmittel. In Spandau, wo dem Tiefbauamt 2011 allein von Verkehrsteilnehmern 260 Fahrbahnschäden gemeldet wurden, wären das rund 4,5 Millionen Euro im Jahr, in Pankow sogar 7,2 Millionen.

Doch selbst dieses Geld würde allenfalls für oberflächliche Kosmetik reichen. Das Sonderprogramm sei zwar hilfreich, könne aber bei Weitem nicht dazu beitragen, den Straßenzustand nachhaltig zu verbessern, sagt Röding. „Um Schäden größeren Ausmaßes nicht entstehen zu lassen, wären eine bedarfsgerechte Zumessung der Unterhaltungsmittel sowie dauerhafte Investitionen in den Ersatzbau erforderlich.“

Berlinweit beträgt der Investitionsrückstau beim Straßenunterhalt nach wie vor rund 600 Millionen Euro, so Klaus-Ulrich Hähle, Gruppenleiter Verkehr beim ADAC Berlin-Brandenburg. „Deshalb sind wir strikt gegen jede Kürzung des Sonderprogramms.“

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