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Plenarsitzung des Berliner Abgeordnetenhauses

© dpa/Britta Pedersen

Update

Fördergeld-Affäre der Berliner CDU: Grüne und Linke wollen Untersuchungsausschuss einsetzen

Auf Druck der CDU-Fraktion sollen Millionen gegen Antisemitismus illegal vergeben worden sein. Die Opposition will das im Parlament aufklären.

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Grüne und Linke im Berliner Abgeordnetenhaus wollen die mutmaßlich illegale Vergabe von Fördergeldern gegen Antisemitismus in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss aufklären. Wie die Vorsitzenden beider Fraktionen am Mittwochmorgen erklärten, soll ein entsprechender Ausschuss noch in diesem Jahr eingesetzt werden. Voraussichtlich am 20. November wird das Abgeordnetenhaus über einen dementsprechenden Antrag abstimmen.

Grüne und Linke verfügen über das dafür nötige Quorum von einem Viertel der Abgeordneten. Zuvor hatte bereits die AfD-Fraktion am Dienstag die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gefordert.

Anlass für die Initiative sind Vorwürfe der Grünen, die diese im Nachgang einer Akteneinsicht aufgeworfen haben. Demnach sollen führende Abgeordnete der CDU-Fraktion, darunter deren Vorsitzender Dirk Stettner, dem früheren Kultursenator Joe Chialo (CDU) vorgegeben haben, welche Projekte gegen Antisemitismus durch die Kulturverwaltung gefördert werden sollen.

Verdacht auf Haushaltsuntreue

Gemeinsam sollen Stettner und der CDU-Haushaltsexperte Christian Goiny das Vorgehen koordiniert haben. Chialo wiederum soll die von beiden ausgewählten Projekte persönlich freigezeichnet haben. Das Vorgehen stünde im Widerspruch zu geltenden Regeln der Landeshaushaltsordnung, so der Vorwurf.

Bettina Jarasch, Vorsitzende der Grünen-Fraktion, begründete einen Untersuchungsausschuss mit der Vielzahl an aufgeworfenen Fragen, „die dringend aufgeklärt werden müssen“. Sie sagte: „Nach erster Bewertung halten wir die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses für unumgänglich.“

Bestätigt sehen sich die Grünen durch ein von ihnen in Auftrag gegebenes Gutachten der auf Wirtschafts- und Steuerstrafrecht spezialisierten Hamburger Anwaltskanzlei Even. Das kommt zu dem Ergebnis, dass die Vergabe der Gelder ohne fachliche Prüfung und gegen den Rat der zuständigen Beamten den Straftatbestand der Untreue erfüllen könnte.

Es gebe „erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass es bei der Vergabe der Fördermittel durch die Senatsverwaltung für Kultur und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu einer Vielzahl von Verstößen gegen haushalts- und förderrechtliche Vorgaben gekommen sein könnte“, heißt es in dem Gutachten, das dem Tagesspiegel vorliegt.

Linke nennt vorgeworfenes Verhalten „perfide“

Anne Helm, Vorsitzende der Linksfraktion, bezeichnete das der CDU vorgeworfene Vorgehen als „perfide“. Angesichts der „realen Krisensituation in der Stadt, in der der Antisemitismus immer stärker zunimmt“, habe die CDU der Bekämpfung von Judenhass geschadet, sagte Helm.

Stettner, Goiny und die Kulturverwaltung hatten die Vorwürfe in ersten Reaktionen zurückgewiesen. Der Fraktionschef sagte: „Ihre Mutmaßungen, Unterstellungen und Vorwürfe sind völlig unangebracht und entbehren jeder Grundlage“. Auf die Vorwürfe gegen seine Person ging er jedoch bislang nicht im Detail ein.

Goiny ließ eine Tagesspiegel-Anfrage unbeantwortet, sagte aber der Nachrichtenagentur dpa: „Hier ist gar kein unzulässiger Druck ausgeübt worden.“ Bereits am Dienstag hatte er auf Facebook einen Beitrag veröffentlicht und darin schwere Vorwürfe gegen die Kulturverwaltung erhoben. Goiny schrieb, er habe als Abgeordneter Vorschläge machen müssen, damit die eingestellten Gelder abfließen konnten. Im Widerspruch dazu stehen Angaben der Kulturverwaltung, denen zufolge es keine Einflussnahmen durch Mitglieder der CDU-Fraktion gegeben habe.

Am Dienstag wiederum wurde Goiny Tagesspiegel-Informationen zufolge persönlich in der Kulturverwaltung vorstellig. In Begleitung von zwei weiteren Mitgliedern der CDU-Fraktion soll er dort Akteneinsicht beantragt haben. Laut RBB hat das inzwischen auch der von den Grünen schwer belastete Chialo getan. Der frühere Kultursenator teilte über seine Anwaltskanzlei Schertz-Bergmann mit, er nehme die Berichterstattung ernst.

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