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Berufspendler. Norbert Müller sitzt seit 2014 im Bundestag.

©  Johanna Bergmann / dpa

Fahrdienst des Bundestages: Freie Fahrt auf Staatskosten

Bundestagsabgeordnete der Linken kritisieren ihren Brandenburger Parteifreund Norbert Müller: Sie finden, er habe zu oft den Fahrdienst des Bundestages benutzt.

Von Matthias Matern

Die Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Sahra Wagenknecht, hat deutliche Kritik an ihrem Potsdamer Fraktionskollegen Norbert Müller geübt. Hintergrund ist Müllers häufige Inanspruchnahme des Fahrdienstes des Bundestages. Insgesamt 60 Mal soll er sich seit seinem Einzug ins Parlament Ende 2014 auf Staatskosten von und nach Berlin kutschieren haben lassen – in einem Fall etwa, weil er nach eigenen Angaben sonst aus privaten Gründen einen weiterführenden Zug in Berlin-Spandau verpasst hätte. Sein Verhalten sei nicht akzeptabel, sagte Wagenknecht der „Bild am Sonntag“.

Erst vor Kurzem war Vielfahrer Müller bereits von der parlamentarischen Geschäftsführerin der Linke-Fraktion, Petra Sitte, ins Gebet genommen worden. Sie hatte ihn nach eigenen Worten klar gemacht, dass dieses Verhalten so nicht weitere gehen dürfe und weitere Fahrten vorerst untersagt. Auch Wagenknecht ist sauer auf Müller. „Ich habe mich sehr darüber geärgert“, so die Linken-Politikerin. „Unserer Glaubwürdigkeit hat er jedenfalls geschadet.“ Ob der 30-Jährige Konsequenzen ziehe, müsse er selbst entscheiden, sagte Wagenknecht.

Dienstfahrzeuge parken in Berlin auf den Parkplätzen an der Ostseite des Reichstags - dem Haupteingang für die Abgeordneten.

© picture-alliance/ dpa

Fahrten zu Zielen außerhalb von Berlin müssen genehmigt werden

Grundsätzlich dürfen Bundestagsabgeordnete zwar den Fahrdienst in Anspruch nehmen, in der Regel aber bezieht sich der Service nur auf Fahrten innerhalb Berlins oder zum Flughafen Schönefeld. Sitte zufolge stehen jeder Fraktion darüber hinaus nur zwei Fahrten täglich mit der Fahrbereitschaft zu Zielen außerhalb von Berlin zu. Diese müssen nach Angaben der Bundestagsverwaltung jedoch zuvor genehmigt werden und würden laut Sitte in der Regel von der Fraktionsspitze genutzt. „Im Einzelfall kann das auch von Abgeordneten in Anspruch genommen werden.“

Doch im Falle von Müller seien es zu viele Fahrten gewesen – auch im Vergleich zu anderen Parlamentariern ihrer Fraktion, die teilweise ebenfalls aus Brandenburg kämen. „Ich hatte das Gefühl, dass das zu einem gewissen Automatismus geworden ist.“

Dokumentiert sind auch Fahrten vom Volleyball-Platz Beach-Mitte

Bislang hat Müller, der mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen in Potsdam-Fahrland, wohnt zu den Vorwürfen nur auf seiner Homepage Stellung bezogen. Unter der Überschrift „Transparenz“ hat er im Internet seine Fahrten veröffentlicht. Darin begründet er diese unter anderem mit dem Lokführerstreik im Mai 2015 oder mit der Notwendigkeit, sein Kind aus der Kita abzuholen.

Dokumentiert sind aber auch Fahrten vom Volleyball-Platz Beach-Mitte oder vom Flughafen Tegel nach Hause. Grundsätzlich aber nutze er für seine Termine den öffentlichen Nahverkehr, schreibt Müller.

Besonders gegen den Strich geht der parlamentarischen Geschäftsführerin Sitte, dass Müller den Fahrdienst auch für Aufgaben in seinem Wahlkreis in Anspruch genommen hat. Zumindest in einem Fall ließ er sich nach eigenen Angaben aus seinem Wahlkreisbüro in Ludwigsfelde (Teltow-Fläming) nach Hause bringen. „Dafür ist der Service nicht gedacht. Notfalls muss man auch mal eine Übernachtung buchen. Genau dafür gibt es die Kostenpauschale“, kritisiert Sitte.

Im Fall von Müller sind das 4305,46 Euro monatlich, nachzulesen auf seiner Internetseite. Das ganze übrigens zusätzlich zu Müllers monatlicher steuerpflichtiger Entschädigung als Bundestagsabgeordneter in Bruttohöhe von 9327,21 Euro.

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