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Berlin: Frieren für den Frieden

Zweite Streikrunde auf dem Alexanderplatz

Die Leute von der Stadtmission müssen ganz schön geguckt haben. „Deren Kältebus wollte uns helfen“, sagt Felix Pahl. Doch der 33-jährige selbstständige Programmierer und Kompagnon Maik Neudorf sind nicht obdachlos, sondern im Hungerstreik. Sie frieren für den Frieden – seit Montag an der Weltzeituhr auf dem Alex. Damit geht der demonstrative Protest in die zweite Runde. Letzte Woche hatten Heike und Stephan, 18-jährige Gymnasiasten aus Malchin in Mecklenburg-Vorpommern, mit der Mahnwache gegen einen Irak-Krieg begonnen. „Die beiden freuen sich, dass sie Nachfolger haben“, meinte Heikes Mutter gestern.

Zwei, drei Isomatten, Globetrotter-Schlafsack, Bettdecke, Unterschriftenliste, Solidaritäts-T-Shirts – das muss als Streik-Zubehör reichen. Für sonstige Bedürfnisse gibt es das öffentliche Klo ein paar Meter weiter. Spinner? Abenteurer? „Nein, uns geht es um die Sache“, sagt Maik, 25-jähriger Student der Sozialwissenschaften an der HU. Sie wollen bei Passanten und Parlamentariern „Denkprozesse anregen“, sagt Felix vom Anti-Kriegs-Komitee Prenzlauer Berg. So widersprächen doch deutsche Piloten in Awacs-Aufklärungsflugzeugen den Aussagen des Kanzlers. Aktuelle Entwicklungen bekommen die beiden mit, „weil uns manchmal jemand eine Zeitung vorbeibringt“. Oder einen Kakao – ausnahmsweise. Hunger? Ja, den haben sie schon. Aber Langeweile? „Selten“, denn immer wieder werden sie angesprochen. „Haltet durch“, sagen die meisten, andere „hat doch sowieso keinen Zweck“. Trotzdem, Maik und Felix wollen bis Freitag durchhalten. Wenn nur die Straßenbahnen nicht wären. „Die machen einen nachts immer wach.“

Annette Kögel

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