Berlin: Funkstille
Schwindeln ist auch nicht mehr, was es mal war. Als wäre das Leben nicht schon kompliziert genug, wird uns nun auch noch das Lügen verleidet.
Schwindeln ist auch nicht mehr, was es mal war. Als wäre das Leben nicht schon kompliziert genug, wird uns nun auch noch das Lügen verleidet. Wer spätabends beim Heimkommen der Ehefrau ein routiniertes „War das wieder ein langer Arbeitstag!“ entgegenseufzt, sollte sich auf Gegenfragen gefasst machen: „Ach, hattet ihr wieder Meeting in der Kneipe?“ Könnte nämlich sein, dass sie bei einem dieser Dienstleister registriert ist, die für ein paar Euro den Standort von Handys orten, fast auf die Straßenecke genau.Umgekehrt kann sich ihr wöchentlicher Salsakurs als der durchtrainierte Typ von schräg gegenüber entpuppen und die achte Schulstunde des Kindes als Playstation-Sitzung bei Kumpel Kevin.
Wenn also künftig irgendein Schöngeist sagt: „Im Kino gewesen. Geweint“, dann können misstrauische Menschen erst mal prüfen, ob der Gefühlsdusel überhaupt im Kino war oder in Wahrheit beim Italiener um die Ecke.
Vor lauter Freude über die abgeschüttelte Telefonstrippe haben wir gar nicht gemerkt, wie wir uns im Handynetz verhedderten. Jetzt hängen wir drin, gefangen in der Drahtlosigkeit. Geradezu kafkaesk ist das. (Seite 13)