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Antje Waldschmidt ist Koordinatorin der Arbeiterwohlfahrt Berlin (AWO) für alle Ehrenamtlichen im Kreisverband Südost.

© Frank Bachner

„Für viele ist das ein Highlight in ihrem Alltag“: Stoff zum Lesen und Reden – und ein warmes Mittagessen

In der Begegnungsstätte der Arbeiterwohlfahrt in Friedrichshagen finden Menschen Nähe und Hilfe – bei Büchertreff, Deutschunterricht oder im Tanzkurs. Das soll gefeiert werden.

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Das Spektrum der Bücher ist groß. „Hundert Jahre Einsamkeit“ von Gabriel García Márquez, „Rebellion“ von Joseph Roth, der „Baader-Meinhof-Komplex“ von Stefan Aust, „1000 Weine aus aller Welt“ – für jeden Geschmack ist etwas dabei in der Leseecke der Begegnungsstätte der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Berlin-Friedrichshagen. Der Müggelsee ist nur ein paar Meter entfernt.

Jeden Dienstag und Mittwoch ist „Büchertreff“. Vor allem Senioren kommen dann, aber für viele geht es hier nicht in erster Linie ums Lesen, sondern ums Reden. Um Kontakte. Um das Gefühl, dass da Menschen sind, die einem zuhören. Ehrenamtler der Awo hören zu, sie gehen auf Sorgen ein, sie beantworten Fragen, sie geben das Gefühl von Harmonie.

29 Freiwillige arbeiten allein in der Begegnungsstätte, 300 hat der Awo-Kreisverband insgesamt, sie arbeiten in verschiedenen Bereichen. Es sind Studenten, Senioren und Menschen im Berufsleben. Für sie und all jene, die von den Ehrenamtlichen betreut werden, plant die Leitung der Awo ein besonderes Dankeschön: ein Sommerfest im Garten der Begegnungsstätte. Ermöglicht werden soll das Projekt „Miteinander feiern – füreinander da sein“ durch Spenden der Leserinnen und Leser des Tagesspiegels, die sich an der Weihnachtsaktion „Menschen helfen“ beteiligen.

Freiwillige kochen für Menschen aus der Nachbarschaft

Ohne Menschen, die sich für andere einsetzen, die ihnen helfen, funktioniert keine Gesellschaft. Bei der Awo kochen Freiwillige in der Begegnungsstätte für meist ältere, oft einsame Menschen aus der Nachbarschaft. Die erhalten für 5,50 Euro ein Mittagessen, sie werden mit Kaffee und Kuchen versorgt, sie spielen Bingo. „Für viele ist das ein Highlight in ihrem Alltag“, sagt Antje Waldschmidt, die Koordinatorin für alle Ehrenamtler im Kreisverband Südost.

Die Awo bietet auch diverse Kurse, Tanzen, Yoga, Meditation, Pilates. Antje Waldschmidt, studierte Politologin, leitet einen Yoga-Kurs. Je 90 Minuten für jeweils zwei Euro, billiger geht es kaum.

Viele Ehrenamtler arbeiten auch außerhalb der Begegnungsstätte, zum Beispiel im Begleitservice. Ihr Einsatzort ist dann häufig die Wohnung eines einsamen Menschen, der wenige oder keine sozialen Kontakte hat, der niemandem seine Sorgen und Gedanken mitteilen kann. Diesen Menschen schenken die Ehrenamtler Zuwendung, sie helfen beim Einkauf, sie lösen alterstypische Probleme. „Viele Ältere haben ja Probleme mit ihrem Smartphone oder Computer“, sagt Antje Waldschmidt.

Pensionierte Lehrkräfte geben Deutschstunden

In einem anderen Bereich helfen sich Ehrenamtler und die betreute Person sogar gegenseitig. „Das ist der Optimalfall“, sagt Waldschmidt. Beim Mentoren-Projekt kümmert sich ein Ehrenamtler mit einem ganz bestimmten Thema um jemanden, der Hilfe benötigt. Häufig geht es um Deutschkenntnisse. Viele Menschen wenden sich an die Awo mit dem Wunsch, besser Deutsch zu lernen, naturgemäß häufig Flüchtlinge. Die Awo vermittelt dann einen passenden Partner.

So unterrichtet eine 80-jährige pensionierte Lehrerin einen 24-jährigen Studenten aus Pakistan, der seine Vorlesungen auf Englisch hört. Er will unbedingt besser Deutsch sprechen, deshalb jobbt er auch in einer Kneipe. Das reicht ihm allerdings nicht. „Wir haben viele pensionierte Lehrer, die Deutsch unterrichten“, sagt Waldschmidt.

Auf die Ehrenamtler stößt die Awo auf verschiedenen Wegen. Es gibt mündliche Weiterempfehlungen, Aushänge in der Begegnungsstätte und Flyer. Auf dem gleichen Weg erfahren die Hilfsbedürftigen von den Angeboten. Wie lange die Betreuung dauert, legen die Betroffenen selbst fest, es gibt keine Vorgaben.

Aber dafür gibt es viele positive Erfahrungen. Eine afghanische Mutter, die dank eines Mentors jetzt gut Deutsch spricht, möchte jetzt selbst ihre Kenntnisse weitergeben. „Sie will in einer Kita arbeiten“, sagt Antje Waldschmidt. So schließt sich im besten Fall der Kreis der Hilfe im Weitergeben. Zum Fest der Ehrenamtler und der betreuten Personen werden alle eingeladen. Platz im Garten ist ausreichend vorhanden.

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