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Mehrere neue Rauchsäulen stehen über dem Gebiet, in dem es seit Montag brennt. Die Feuerwehr in Brandenburg kämpft weiter gegen einen großen Waldbrand im Landkreis Elbe-Elster.

© Jan Woitas/dpa

Update

Gefahr durch Glutnester noch nicht gebannt: Brand auf 500 Hektar in Südbrandenburg

Fast 500 Rettungskräfte sind seit Montag bei einem Großbrand in Falkenberg im Einsatz. Am Mittwoch ist das Feuer unter Kontrolle, doch die Gefahr nicht gebannt.

Von Sandra Dassler

Der Facebook-Eintrag war an Dramatik kaum zu überbieten: „Katastrophe. Hier brennt alles. Hunderte Einsatzkräfte vor Ort. Lage völlig außer Kontrolle“. Das postete die Freiwillige Feuerwehr der Stadt Falkenberg/Elster im Süden Brandenburgs am Montagabend gegen 21 Uhr. Das am selben Tag ausgebrochene Großfeuer hielt die Einsatzkräfte auch am Mittwoch noch in Atem.

Man sei aus den vergangenen Jahren schon einiges gewohnt, aber dieser Brand habe eine neue Dimension, sagte der stellvertretende Waldbrandschutzbeauftragte des Landes, Philipp Haase, dem Tagesspiegel: „Wir haben es sonst meist mit sogenannten Bodenfeuern zu tun. In Falkenberg handelt es sich aber um einen Kronenbrand. Hinzu kommen ungewöhnlich starke Winde, sodass sich das Feuer in den beziehungsweise über die Baumkronen sehr schnell ausbreiten kann.“ Auch deshalb hatte sich der Brand am Montagabend so rasend schnell auf insgesamt etwa 800 Hektar ausgedehnt.

Erst am Mittwochvormittag war der Großbrand laut Kreisbrandmeister Steffen Ludewig unter Kontrolle. „Die Situation ist stabil, über Nacht auch entspannt.“ Abkühlung durch gesunkene Temperaturen und ein Nachlassen des Windes hätten geholfen. Evakuierungen von Ortslagen seien kein Thema mehr.

Bei der Waldbrandbekämpfung im Elbe-Elster-Kreis machen den Feuerwehrleuten jedoch zusehends munitionsbelastete Bereiche zu schaffen.

Keine Evakuierungen mehr

Entwarnung gibt es bei dem verheerenden Waldbrand im Süden Brandenburgs auch weiter nicht, die Lage ist nach Angaben des Kreisbrandmeisters aber mittlerweile unter Kontrolle. Das hätten die Auswertungen der Luftbilder mit der Wärmekamera ergeben. Evakuierungen von Ortslagen seien kein Thema mehr.

„Jetzt geht es darum, die Ablöscharbeiten am Boden zu forcieren“, sagte Landrat Christian Heinrich-Jaschinski. Man rechne bei steigenden Temperaturen wieder mit einzelnen offenen Feuern bei wechselnden Winden.

Die Löschhubschrauber der Bundeswehr werden abgezogen, der Einsatz aus der Luft ist erfolgreich gewesen, wie es vom Landkreis hieß. Rund 360 Einsatzkräfte waren an Nachmittag noch mit dem Großbrand beschäftigt. Das Feuer wütet noch auf 500 Hektar. In den Abendstunden soll ein Pionierpanzer Dachs der Bundeswehr helfen, Riegelstellungen zu errichten.

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Ein neuer Panzer der Bundeswehr, der Schneisen für die Feuerwehren schlagen soll, wurde am späten Nachmittag erwartet. Ein erster Panzer war nicht mehr einsatzbereit und musste ersetzt werden. Der Ersatzpanzer soll bis in die Nacht hinein Schneisen um ein bedrohtes Gewerbegebiet legen.

„Das Feuer ist insgesamt unter Kontrolle aber die Gefahr noch nicht gebannt, weil es sehr viele Glutnester gibt, die immer wieder aufflammen “, betonte Philipp Haase, stellvertretender Waldbrandschutzbeauftragter des Landes Brandenburg. 450 Feuerwehrleute sind im Einsatz gegen den Brand auf einer Fläche von rund 500 Hektar. „Zudem haben die Löschhubschrauber sehr gute Arbeit geleistet“.

Löscharbeiten sollen noch mindestens eine Woche dauern

Der Landesfeuerwehrverband bezeichnete das Feuer als größten Waldbrand in diesem Jahr in Brandenburg. Mindestens eine Woche werden die Löscharbeiten nach Einschätzung des Kreisbrandmeisters noch dauern. „Alle Kameraden sind an der Belastungsgrenze“, sagte Ludewig, es sei nicht der erste Einsatz in diesem Jahr.

Der Brand hatte sich am Montagabend rasend schnell auf insgesamt etwa 800 Hektar ausgedehnt.
Der Brand hatte sich am Montagabend rasend schnell auf insgesamt etwa 800 Hektar ausgedehnt.

© dpa/Jan Woitas

Philipp Haase, stellvertretender Waldbrandschutzbeauftragter des Landes Brandenburg, rechnet noch mit einem wochenlangen Einsatz, ehe alle Glutnester gelöscht sind.

Am Montagabend hatten auch die mehr als 350 Feuerwehrleute vor Ort nicht verhindern können, dass die Flammen auf eine Ferkelaufzuchtanlage nahe der Ortschaft Kölsa übergriffen. „Ich schätze mal, dass insgesamt etwa tausend Ferkel verendet sind“, sagte Verwaltungsstabschef Dirk Gebhardt vom Landkreis Elbe-Elster, der sehr schnell die Großschadenslage ausgerufen hatte: „Ein Stall mit 500 Tieren ist vollständig abgebrannt, mehrere Hundert weitere Ferkel sind wahrscheinlich durch die starke Rauchgasentwicklung in den anderen Stallgebäuden erstickt.“

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Noch habe man aber kein vollständiges Bild von den Schäden, sagte Gebhardt. Seiner Ansicht nach hätte es keine Chance gegeben, die Tiere zu retten, da sich das Feuer am Montagabend mit einer solch rasanten Geschwindigkeit ausbreitete, dass die Feuerwehrleute große Probleme hatten, sich selbst in Sicherheit zu bringen: „Zum Glück konnten drei der insgesamt acht verletzten Kameraden das Krankenhaus inzwischen wieder verlassen. Die anderen werden noch wegen Rauchgasvergiftung behandelt.“

Auslöser für die teilweise hochdramatische Situation war nach Auskunft Gebhardts eine Gewitterfront, die am Montag gegen 19 Uhr durch das zu dieser Zeit noch weitaus kleinere Waldbrandgebiet zog. Die Front brachte zwar keinen Regen mit sich, dafür aber extrem heftige Windböen, die das Feuer in rasender Geschwindigkeit vor sich her trieben.

Einsatzkräfte der Feuerwehr versuchen einen Gebäudebrand in der Region Falkenberg/Elster zu löschen.
Einsatzkräfte der Feuerwehr versuchen einen Gebäudebrand in der Region Falkenberg/Elster zu löschen.

© dpa/Frank Hammerschmidt

Davon eingekesselt wurden auch mehrere Windräder, die aber selbst nicht brannten. „Es war unglaublich: Als es dunkel wurde, sahen wir nur noch Meter hohe Flammen“, berichtete ein Feuerwehrmann: „Dazu dieser extrem heiße Wind, so stelle ich mir die Hölle vor.“

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Am Mittwoch soll der Wind in Südbrandenburg laut Deutschem Wetterdienst (DWD) im Mittel schwach wehen. Im Tagesverlauf könnten jedoch wieder Böen von bis zu 40 Stundenkilometern auftreten. „Regen ist aber bis Freitagabend nicht in Sicht“, sagte die Meteorologin Helga Scheef.

Bewohner von Rehfeld und Kölsa konnten zurückkehren

Laut Verwaltungsstab wurde die Lage am Montagabend dadurch weiter verschärft, dass die Orte Rehfeld, Kölsa und Kölsa-Siedlung vorsorglich evakuiert werden mussten, da die Flammen ihnen bedrohlich nah kamen. Mehrere hundert Einwohner waren betroffen, manche weigerten sich, ihre Häuser zu verlassen. „Das war eigentlich unverantwortlich“, sagte Stabschef Gebhardt. „Es bestand ja große Gefahr für ihre Gesundheit, vor allem durch die Rauchentwicklung. Aber die Polizei konnte sie auch nicht mit Gewalt aus den Wohnungen holen.“

Es ist der bislang größte Waldbrand in diesem Jahr in Brandenburg.
Es ist der bislang größte Waldbrand in diesem Jahr in Brandenburg.

© REUTERS/Annegret Hilse

Für diejenigen, die ihre Häuser verließen und nicht bei Verwandten unterkommen konnten, hatte der Landkreis das „Haus des Gastes“ in Falkenberg zur Verfügung gestellt. Die Regionalzeitung „Lausitzer Rundschau“ berichtete von Einwohnern, die in ihren Häusern geblieben waren, aber angesichts der näher rückenden Flammen mitten in der Nacht doch noch mit ihren Autos flohen. Sie hätten dann beispielsweise auf dem Parkplatz eines Supermarktes das weitere Geschehen abgewartet.

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Auch am Dienstagvormittag gelang es den Einsatzkräften nicht, das Feuer unter Kontrolle zu bringen. Immerhin konnten die Bewohner von Rehfeld und Kölsa am Nachmittag wieder in ihre Häuser zurückkehren, Kölsa-Siedlung blieb allerdings noch gesperrt. Immer wieder geisterten Meldungen, wonach auch Lönnewitz und weitere Ortschaften evakuiert werden müssten, durch die sozialen Medien, wurden aber stets dementiert.

Hubschrauber unterstützten die Löscharbeiten aus der Luft.
Hubschrauber unterstützten die Löscharbeiten aus der Luft.

© REUTERS/Annegret Hilse

Nach Auskunft des Sprechers des Landkreises Elbe-Elster, Torsten Hoffgaard, waren bereits ab Dienstagmittag zwei Transport-Hubschrauber der Bundeswehr vom naheliegenden Standort Holzdorf bei den Löscharbeiten im Einsatz.

480 Rettungskräfte mit 90 Fahrzeugen im Einsatz

Am Dienstagnachmittag war die Anzahl der Feuerwehrleute noch einmal erhöht worden: Insgesamt waren 480 Rettungskräfte mit 90 Fahrzeugen aus mehreren Landkreisen im Einsatz. Dabei lag der Schwerpunkt der Löscharbeiten in der Nähe des Gewerbegebiets Lönnewitz.

Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU), der sich am Dienstag vor Ort über die Lage informierte, zeigte sich sehr besorgt. Durch Detonationen im Boden seien neue Munitions-Verdachtsflächen entdeckt worden, die bisher nicht in Karten verzeichnet waren.

Auch die Eisenbahnlinie Leipzig-Cottbus war betroffen

Mehrere Straßen, darunter ein Abschnitt der B183 von Bad Liebenwerda nach Torgau, mussten wegen des Großbrandes gesperrt werden. Auch die Eisenbahnlinie von Leipzig nach Cottbus war vom Feuer betroffen: Um den Löschfahrzeugen zu ermöglichen, schnell zu den Flammen vorzudringen, wurde ein Abschnitt gesperrt.

Zwischenzeitlich traf sogar Unterstützung aus der Partnerstadt Warburg in Nordrhein-Westfalen bei der Freiwilligen Feuerwehr in Falkenberg ein. Die hatte bereits am Dienstagmorgen um 4 Uhr einen weiteren Post abgesetzt: „Unzählige Helfer vor Ort. Wir geben alles bis zur vollständigen Erschöpfung. Ein Riesen-Dankeschön an alle Helfer.“ (mit dpa)

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