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Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU, Mitte) stellte die Plakate vor: Eine neue Kampagne plädiert für mehr Gelassenheit im Straßenverkehr.

© Joerg Carstensen/dpa

Update

Gegen Aggression im Straßenverkehr: Berliner Senat startet Monster-Kampagne für mehr Sicherheit

Mit einer 300.000 Euro teuren Kampagne wirbt die Verkehrsverwaltung für mehr Rücksicht. Beim Start präsentiert sie erschreckende Zahlen zum Verkehrsklima.

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Das breitmäulige grüne Monster ignoriert die rote Fußgängerampel und guckt tumb aufs Handy, das dürre orangene braust mit zur Faust geballtem Gesicht auf dem Fahrrad durch die Stadt und das dicke lilafarbene beißt gleich ins Lenkrad. Dieses Trio werden die Berliner in nächster Zeit öfter zu sehen bekommen. Denn die haarigen Griesgrame sind Hauptdarsteller einer neuen Kampagne, mit der die Berliner Verkehrsverwaltung für mehr Rücksicht im Straßenverkehr wirbt.

In den kommenden beiden Wochen werden laut der Verwaltung jeweils 690 elektronische „Citylight-Plakate“ mit den Kampagnenmotiven werben; Anfang November sollen noch einmal 640 Plakate folgen. Hinzu kommt ein Begleitprogramm in sozialen Medien sowie mit Postkarten, Aufklebern und Stoffbeuteln, „damit die Monster in der Stadt sichtbar werden“, sagte Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) bei der Präsentation am Montag. „Diese Kampagne dient dem Miteinander, das wir so sehr propagieren.“ Denn im Straßenverkehr „verhalten wir uns oft irrational und verwandeln uns in diese kleinen Monster: Wir pöbeln, wir drängeln – und dadurch entstehen Unfälle.“

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Wie sehr die Rücksichtslosigkeit im Berliner Straßenverkehr um sich greift, illustriert Bondes Verwaltung mit Zahlen: Demnach hat sich die Zahl nachgewiesener Fälle von Nötigung binnen fünf Jahren mehr als verdoppelt auf 4100 Fälle im vergangenen Jahr. Laut einer eigenen Umfrage der Verkehrsbehörde empfinden sich 89 Prozent selbst als sehr rücksichtsvoll, aber nur 37 Prozent attestieren das auch anderen Verkehrsteilnehmern. 56 Prozent der Berlinerinnen und Berliner erleben regelmäßig Streit und Beschimpfungen im Straßenverkehr, weshalb jede:r Vierte angab, sich unterwegs nicht mehr sicher zu fühlen. Dagegen soll die mit einer Agentur erarbeitete Kampagne helfen, in die die Verwaltung laut Bonde 300.000 Euro investiert.

Nur Überwachung und damit schmerzliche Eingriffe – das kann nicht ausreichen.

Ute Bonde (CDU), Senatorin für Mobilität

Bonde verwies auch auf die bundesweite Aggressionsstudie, in der die Unfallforschung der Versicherer eine dramatisch gestiegene Bereitschaft zum bewussten Regelbruch festgestellt hatte. Allerdings stellen die Experten bei der Präsentation jener Studie selbstkritisch fest, dass keine der vielen Kampagnen für mehr Rücksicht jemals evaluiert worden sei. Der harte Kern von Rasern und Dränglern gilt ohnehin als nur durch Überwachung und Strafen erreichbar. In Berlin war die Verkehrsüberwachung einer der ersten Posten, den die CDU-SPD-Koalition aus dem überbuchten Landeshaushalt strich.

Bonde sieht nach eigenen Bekunden keinen Widerspruch zwischen den gestrichenen Blitzern und der Investition in die Plüschmonsterkampagne: Gespart werden müsse in allen Bereichen, aber „wir sind auch weiterhin an der Verkehrsüberwachung interessiert“, sagte sie und schränkte ein: „Nur Überwachung und damit schmerzliche Eingriffe – das kann nicht ausreichen.“ Wenn auch nur ein Menschenleben dadurch gerettet werde, seien die 300.000 Euro für die Kampagne gut investiert.

Die Vision Zero, also das Ideal eines Verkehrs ohne schwere Unfälle, gelte weiter: „Wir müssen weitermachen, auch wenn es Rückschläge gibt“, sagte Bonde. Allerdings waren die jüngsten Rückschläge teils hausgemacht, etwa durch Pläne für mehr Tempo 50 selbst vor sensiblen Einrichtungen, die die Verwaltung nach massivem Protest wieder einkassiert hatte. Wie berichtet liegen sowohl die Zahl der tödlich Verletzten als auch die der verunglückten Kinder in diesem Jahr schon über denen des gesamten Vorjahres.

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