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Andreas Geisel (SPD), Innensenator von Berlin, stellt bei einem Pressegespräch den Berliner Verfassungsschutzbericht 2018 vor.

© dpa

Gegen militante Salafisten: Berlins Innensenator will mit Muslimbruderschaft kooperieren

Muslimbrüder sollen dabei helfen, militante Salafisten zu deradikalisieren. Linksextreme gelten laut Bericht als stärkstes verfassungsfeindliches Spektrum.

Von Frank Jansen

Innensenator Andreas Geisel (SPD) hält an seinem Plan fest, mit der islamistischen Muslimbruderschaft eine Kooperation zu versuchen. Die weltweit aktive Vereinigung soll in Berlin helfen, die noch härteren Salafisten, darunter auch Rückkehrer von der Terrormiliz „Islamischer Staat“, zu deradikalisieren.

Wenn die Abkehr von der Gewalt stattgefunden habe, müsse jemand gefunden werden, der diese Leute „glaubwürdig aufnimmt“, sagte der Senator am Dienstag bei der Vorstellung des Jahresberichts des Verfassungsschutzes für 2018. Dafür eigne sich das „legalistische Spektrum“. Gemeint sind die israelfeindlichen Muslimbrüder und weitere Islamisten, die einen Gottesstaat anstreben, aber gemäßigt auftreten.

Davon gibt es laut Jahresbericht in Berlin etwa 600, ein Fünftel wird den Muslimbrüdern zugerechnet. Der Verfassungsschutz beobachtet offenbar weiterhin vier Vereine, die bis 2016 in den Jahresberichten in der Rubrik „Muslimbruderschaft“ genannt wurden. Nach einem Rechtsstreit mit der Neuköllner Dar-as-Salam-Moschee strich der Nachrichtendienst die Vereine aus dem Report. „Eine Nichtbehandlung im Verfassungsschutzbericht lässt nicht darauf schließen, dass wir gewisse Strukturen nicht mehr beobachten“, betonte Behördenchef Michael Fischer.

Linksextreme als stärkstes verfassungsfeindliches Spektrum

Weitere 500 „legalistische Islamisten“ zählen zur türkischen „Milli-Görüs-Bewegung“. Das stärkste und radikalste Milieu im Islamismus bleiben die Salafisten, ihre Zahl stieg um 70 auf 1020. Das Wachstum hat sich jedoch verlangsamt. 2015 waren es erst 680 Salafisten. Insgesamt nahm die islamistische Szene nur gering auf 1995 Personen zu (plus zehn).

Das stärkste verfassungsfeindliche Spektrum sind die Linksextremisten. Ihre Zahl stieg von 2950 auf 3140. Als gewaltbereit gelten 970 (2017: 980) Personen. Wesentlicher Grund für den Zuwachs der Szene ist die steigende Attraktivität des Vereins „Rote Hilfe“ (1650 Mitglieder, plus 200). Er unterstützt Linksextreme, gegen die Verfahren wegen politischer Delikte anhängig sind.

Geisel warnte zudem vor der maoistischen Gruppierung „Jugendwiderstand“, die vor allem in Neukölln und Wedding politische Gegner bedroht. Der Jugendwiderstand habe sich zu einer der aggressivsten linksextremen Gruppierungen Berlins entwickelt, sagte der Senator.

Veränderungen innerhalb der rechtsextremen Szene

Die rechtsextreme Szene stagniert, verändert sich aber intern. Der Verfassungsschutz stellte 2018 insgesamt 1410 (minus 20) Personen fest, die Hälfte wird als gewaltorientiert eingestuft. Gewachsen ist das Netz muslimfeindlicher Rechtsextremisten, das sich aus den Aufmärschen unter dem Motto „Merkel muss weg“ entwickelt hat. Die NPD hingegen siecht weiter, 2018 zählte sie nur noch 210 Mitglieder (minus 20). Sorge bereitet Geisel die Situation in Neukölln. Dort versuchten Rechtsextremisten, mit Gewalttaten „Angsträume zu schaffen“.

Die Reichsbürger, zum Teil auch rechtsextrem, haben weiter Zulauf. Der Verfassungsschutz spricht von 670 Personen, 2017 waren es 500. Das Milieu kommt vornehmlich bei älteren Männern gut an.

Bei den ausländischen Extremisten jenseits des Islamismus dominiert weiter die kurdische Terrororganisation PKK (1360 Mitglieder, plus 20). Auch ihre Hauptgegner, die türkischen Nationalisten, bleiben mit 400 Anhängern stabil.

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