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Sprichst du Fußball? Beim fünftägigen Feriencamp waren Jugendliche mit 18 Nationalitäten dabei.

© Paul F. Duwe

Gemeinsame Sache in Schöneberg: Ein Kicker-Netzwerk hilft Jugendlichen bei der Lebensorientierung

Die Organisatoren verbindet zwei Dinge: Die Liebe zum Fußball und die Wurzeln in Schöneberg. Den Jugendlichen bringt das Kicker-Camp mehr als nur Training.

Schöneberg 62 steht auf den schwarzen T-Shirts der Jungen und Mädchen, die auf dem Kunstrasenplatz in der Eisackstraße dem runden Leder nachjagen. Ihr Bekenntnis zum Kiez. Viele der Jugendlichen beim Fußball-Feriencamp wissen, dass Schöneberg 62 bis vor 27 Jahren die amtliche Postleitzahl war. Das verbindet auch die Organisatoren: den Fußballverein Internationale, den Schülerclub Oase von der Friedenauer Gemeinschaftsschule, den Jugendhilfeträger RheinFlanke und die Straßensozialarbeiter von Gangway. Alle haben Wurzeln rings um den Innsbrucker Platz. Das fünftägige, kostenlose Feriencamp ist eine Gemeinschaftsaktion.

Bunte Hütchen markieren das Spielfeld. Der Ball wird quergelegt, kurze Weitergabe und schon landet die Kugel im rechten Dreiangel. An diesem sonnigen Tag macht den 30 Jugendlichen, darunter auch mehrere Mädchen, das lockere Training besonders viel Spaß. Ein besonderes Highlight: Das DFB-Mobil vom Deutschen Fußballbund ist gekommen.

Gekommen ist auch Gerd Thomas, Vorsitzender beim FC Internationale. Für ihn ist es eine Freude, den Jugendlichen bei Spaß und Spiel zuzusehen. Weg von der Konsole, ein gemeinsames Hobby draußen auf dem Platz - das ist für Thomas ein Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt: „Wir von Internationale haben den Anspruch, mehr als nur Fußball zu spielen. Wir finden, dass Sport und Sozialarbeit sehr gut zusammen passen.“ Leider, so fügt er hinzu, hätte das die Politik bisher viel zu wenig verstanden.

Er will mit Partnern den Jugendlichen Perspektiven aufzeigen, egal ob mit Hausaufgabenhilfe, Jobcoaching oder allgemeiner Lebensorientierung. Der Fußball ist wie ein Türoffner. „Meine Erfahrung ist, wenn man erstmal gemeinsam auf dem Platz geschwitzt hat, entsteht schnell Vertrauen. Daran lässt sich anknüpfen.“

Mit dem gemeinnützigen Verein Gangway – seit 30 Jahren in der Straßensozialarbeit mit Jugendlichen aktiv - hat Internationale vor zwei Jahren einen idealen Mitstreiter gefunden. Für Cagatay Basar von Gangway, gelernter Soziologe und Theaterpädagoge, ist das Projekt in der Eisackstraße eine schöne Erfolgsgeschichte: „Wir erleben hier die vereinende Kraft des Fußballs. Das hilft, die Integration zu fördern.“ Jugendliche aus 18 Nationalitäten hätten sich an den Camps beteiligt, berichtet Cagatay Basar.

Angebote von Jugendfußball bis Frauenfitness

Mit zum Team gehört der Jugendhilfeträger RheinFlanke. Diese Organisation wurde 2006 in Köln in der allgemeinen Euphorie nach der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland gegründet und hat vor sechs Jahren auch eine Filiale in Berlin aufgebaut. RheinFlanke ist zum Beispiel auch am Hangar 1 auf dem Tempelhofer Flughafengelände aktiv und macht den Familien von Geflüchteten Angebote von Jugendfußball über Tischtennis bis zu Frauenfitness. Dave Wilke von RheinFlanke ist Erzieher und leitet das Training im Sommercamp. Sein Fazit: „Fußball ist eine gute Methode, mit den Jugendlichen Kontakt zu kriegen.“

Fußballfunktionär Gerd Thomas setzt auf Kooperation. So macht er mit Internationale und mit der RheinFlanke Jugendlichen im Programm „Work for you Berlin“ Angebote, sich an ehrenamtlichen Engagements in Vereinen, sozialen Einrichtungen oder sozialem Umfeld zu beteiligen. Der Sport dient hier als Brücke.

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Und Thomas hat noch mehr Ideen. Gerade entwickelt er mit der Johanna- Eck-Schule in Tempelhof gemeinsame Projekte. Er ist aktives Mitglied im Netzwerk Südkreuz, einem Verbund von rund 20 Gewerbeunternehmen. Anfang des Jahres war eine sportliche Jobmesse geplant. Gespräche mit ansässigen Firmen, Informationen über Ausbildungsmöglichkeiten und Arbeitsplatzangebote sollte es geben. Dann machte die Pandemie den Planern vorerst einen Strich durch die Rechnung.

Der FC Internationale zählt im 40. Jahr seines Bestehens etwa 1200 Mitglieder - mit steigender Tendenz. Der Verein unterstützt Antirassismus-Kampagnen, wendet sich gegen Fußballwetten und hilft dem Behindertensport. Mit den rund 30 Juniorenmannschaften zählt die Jugendabteilung zu den größten in Berlin. Im Erwachsenenbereich sind 16 Teams gemeldet, darunter auch zwei Frauenmannschaften.

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