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Gender-Eklat zwischen AfD und CDU in Berlin: Wortklauberei-Zoff um Pünktchen und Sternchen
Trotz gleicher Meinung geraten beide Pankower Fraktionen in einen heftigen Streit. Die AfD wirft der CDU vor, ihren Antrag plagiiert zu haben, um nicht mit Rechtsaußen stimmen zu müssen.
Stand:
Im Berliner Bezirk Pankow ist es während einer Debatte um „Gendersprache“ zum Eklat zwischen AfD und CDU gekommen. Beide Parteifraktionen waren grundsätzlich gleicher Meinung - und attackierten sich dennoch aufs Schärfste.
Die AfD warf der CDU dabei vor, deren Beschlussantrag nur unwesentlich verändert selbst eingereicht zu haben - um nicht mit der Rechtsaußenpartei stimmen zu müssen.
Anlass war der Antrag „Befolgung der Rechtschreibregeln im Bezirksamt Pankow von Berlin“. Den brachte die AfD vergangene Woche in die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) ein. Die Fraktion wollte dem Bezirksamt auferlegen, künftig auf das geschlechtergerechte Gendern etwa mit Binnenzeichen zu verzichten.
CDU nahm AfD-Vorstoß auf
In der Folge entspann sich eine Diskussion um jeden Punkt und jedes Komma, in der die AfD der CDU vorwarf, aus politischem Kalkül einen Antrag fast eins zu eins von ihr übernommen zu haben.
Aus gegebenem Anlass hier der AfD-Antrag im Wortlaut: „Im Bezirksamt Pankow wird aktuell gemäß den Regelungen der Gemeinsamen Geschäftsordnung für die Berliner Verwaltung (GGO) die sogenannte ‘Geschlechtergerechte Sprache’ benutzt.
Mehrgeschlechtliche Schreibweisen durch Wortbinnenzeichen wie Genderstern, Doppelpunkt, Gender-Gap, Binnen-I oder Mediopunkt sind allerdings unzulässig.
Wortbinnenzeichen gehören nicht zum Kernbestand der deutschen Orthografie, Wörter mit Gender-Sternchen oder anderen Zeichen nicht zur amtlichen deutschen Rechtschreibung. Entsprechend ist das Bezirksamt aufgefordert, zukünftig eine grammatikalisch falsche ‘Gender-Sprache’ generell nicht mehr zu verwenden bzw. künftig die Vorschriften des amtlichen Regelwerks der Rechtschreibung einzuhalten.“
Die Erfolgsaussichten für dieses Vorhaben waren gering. In der Pankower BVV werden Anträge der AfD von den restlichen Fraktionen in der Regel abgelehnt. Diesmal jedoch kam es anders: Die CDU griff das Thema auf. Die Fraktion stimmte zwar nicht mit der Rechtsaußenpartei. Der Unvereinbarkeitsbeschluss der Unionsparteien untersagt, mit radikalen Parteien wie der AfD zu kooperieren.
Doch die CDU legte einen Änderungsantrag zum „Gendern“ vor. Ein solcher Antrag nimmt die grundsätzliche Thematik des Ursprungsantrags, fügt aber Sachverhalte oder Forderungen hinzu oder streicht sie oder präzisiert wichtige Stellen. „Wir konnten nicht umhin und mussten diesen Antrag ein gutes Stück korrigieren“, begründete die CDU-Fraktionschefin Denise Bittner das Vorgehen. Behörden und auch Parteien müssten „für alle Bürgerinnen und Bürgerinnen gut lesbar, gut verständlich und nachvollziehbar“ kommunizieren.
In der Version der CDU klang das dann so: „Im Bezirksamt Pankow werden aktuell oftmals mehrgeschlechtliche Schreibweisen durch Wortbinnenzeichen wie Genderstern, Doppelpunkt, Gender-Gap, Binnen-I oder Mediopunkt genutzt. Gemäß den Regelungen der Gemeinsamen Geschäftsordnung für die Berliner Verwaltung (GGO) ist die sprachliche Gleichbehandlung von Frauen und Männern zu beachten. Dies soll primär durch geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen und, wo dies nicht möglich ist, durch die Ausschreibung der jeweils weiblichen und männlichen Form geschehen.
Das Bezirksamt wird daher ersucht, von der Nutzung von Wortbinnenzeichen entsprechend künftig abzusehen.“
„Dann würden sich die Tore der Hölle öffnen“
Daraufhin schritt der AfD-Verordnete Frank Behnke zum Rednerpult und hielt der CDU-Chefin in triumphalem Ton einen „Taschenspielertrick“ vor. „Ich stelle mir bildlich vor, wie Sie in Ihrem Fraktionsbüro saßen und überlegten: Wie kommen wir aus dieser Nummer wieder raus?“, sagte er. „Wir können doch niemals einem Antrag der AfD einfach zustimmen, sei er noch so sinnvoll. Denn auch dann würden sich die Tore der Hölle öffnen, diesmal sogar in Pankow.“
Deshalb habe die CDU-Fraktion einen überflüssigen Änderungsantrag eingereicht: „Sie haben nichts, aber auch gar nichts am eigentlichen Inhalt unseres Antrags geändert.“ Dass die AfD dieses Thema auf den Weg gebracht habe, „können auch Sie mit dieser Scharade nicht verschleiern. Deswegen stimmen wir einfach Ihrem Änderungsantrag zu.“ Nebenbei warf Behnke der CDU vor, unlängst in einem Antrag selbst gegendert zu haben.
Fraktionschefin nennt AfD-Antrag „dümmlich“
Die CDU-Fraktionschefin Bittner reagierte scharf. „Wenn wir einen Antrag für richtig halten, dann stimmen wir dem zu“, erklärte sie - welche Fraktion ihn eingereicht habe, spiele dabei keine Rolle. „Wenn Sie fehlerhafte oder derart dümmliche Anträge wie hier vorlegen, dann kann man die nur ablehnen oder man muss sie korrigieren“, sagte sie an die AfD gerichtet. „Das haben wir gemacht.“
Das wiederum wollte die AfD nicht auf sich sitzen lassen. „Wenn Sie uns unterstellen, dass wir dümmliche Anträge stellen, dann scheinen Sie eine Leseschwäche zu haben“, antwortete Andreas Holder. „Wenigstens hätten Sie ja in einem Satz erklären können, was denn nun die eigentliche Verbesserung des Antrags ist. Sie haben keine einzige Verbesserung, noch nicht einmal eine Veränderung vorgenommen.“
Das Resultat des Eklats: AfD und CDU stimmten weitgehend einhellig für den Änderungsantrag der CDU. Doch der Rest der BVV lehnte das Ansinnen mit Mehrheit ab - es wird also weiter gegendert in Pankows Bezirksamt.
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