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Ein Patient wird gegen Grippe geimpft - derlei Hilfen übernehmen bei Bedarf auch die Gesundheitsämter.

© dpa/ Gabbert

Gesundheitsämter: So viele Ärzte fehlen den Berliner Bezirken

Mediziner in Berlin arbeiten lieber in der Klinik als im Gesundheitsamt. Dort fehlen sie nun für Hygienekontrollen, Vorsorge und Untersuchungen.

In Berlin spitzt sich der Personalmangel in den Gesundheitsämtern zu – vor den Wintermonaten sind fast 80 von circa 350 Arztstellen im öffentlichen Dienst unbesetzt. Das geht aus einer Antwort von Gesundheitsstaatssekretär Boris Velter (SPD) auf eine Anfrage von Catherina Pieroth (Grüne) hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt.

Vor einem Jahr waren in diesen Bereichen 45 Arztstellen unbesetzt. Zudem wird deutlich, dass in den kommenden fünf Jahren weitere 50 Ärzte aus den Ämtern ausscheiden werden. Während immer mehr Mediziner in Rente gehen, finden die Bezirksämter aber kaum Bewerber.

Insbesondere Psychiater, Hygiene- und Kinderärzte werden gesucht – und zwar oft in jenen Vierteln, in denen funktionierende Ämter am ehesten gebraucht würden. Wer niederschwellige Hilfe im Alltag – bei Prävention, Erziehung, Versorgung – braucht, muss oft entweder warten oder in andere Kieze ausweichen.

Neben der Behandlung von Unversicherten, Obdachlosen und Flüchtlingen werden die Ärzte in den Ämtern bei Hygienekontrollen in Schulen, Märkten, Kitas, Heimen und Kliniken gebraucht. Dazu kommen Reihenuntersuchungen und Impfungen von Kindern.

So viele Ärzte werden pro Bezirksamt gesucht.
So viele Ärzte werden pro Bezirksamt gesucht.

© Tsp

„Wir können es uns nicht länger leisten, dass bedeutende Fachbereiche wie die Gesundheitsförderung bei Kindern krass unterbesetzt sind“, sagte Pieroth, die Grünen-Gesundheitsexpertin im Abgeordnetenhaus. „Was im Kindesalter an Gesundheitsschäden oder Erkrankungen erworben wird, schadet ein Leben lang.“

Unter Medizinern gilt die Arbeit im Amt offenbar als weniger attraktiv als in der Klinik. Ein Facharzt mit mehrjähriger Berufserfahrung erhält in einem Bezirksamt im Monat im Schnitt rund 1000 Euro weniger als ein ranggleicher Arzt in der Klinik.

Ärzte im öffentlichen Dienst untersuchen Bedürftige - und geben Rat, wie man sich vor Krankheiten schützen kann.
Ärzte im öffentlichen Dienst untersuchen Bedürftige - und geben Rat, wie man sich vor Krankheiten schützen kann.

© Stache/dpa

Gesundheitssenatorin Dilek Kolat (SPD) hatte versucht, diese Lücke zumindest zu verringern. Mit dem Finanzressort einigte sich Kolat darauf, dass Ärzte wenigstens in Ausnahmefällen höhere Bezüge bekommen können – dies betraf 2017 nach Tagesspiegel-Informationen allerdings nur zwei Mediziner. Die geplante Sonderregelung sei kein geeignetes Instrument, sagte Pieroth, den „verklausulierten Bedingungen“ fehle die Durchschlagskraft.

Die Medizinergewerkschaft Marburger Bund handelt regelmäßig Kliniktarife aus und fordert den Senat auf, die Bezahlung in den Ämtern anzuheben: Ärzte verdienten Arztgehälter. Berlin bezahlt die Mitarbeiter der Bezirke derzeit weitgehend nach dem Tarifvertrag der Länder. Die rot-rot-grüne Koalition hatte 2016 angekündigt, die Ärzte in den Ämtern so zu bezahlen wie die in den Kliniken – und den öffentlichen Gesundheitsdienst aufzurüsten.

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