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Gewerkschaft dreht den Bierhahn zu : Brauereistreik legt Berliner Produktion lahm
Kein Pils, kein Kindl, kein Schultheiss: In der Hauptstadt steht der Sudkessel still. Was hinter dem Aufstand der Berliner Brauer steckt.
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Von Dienstagabend bis Mittwochabend steht die Produktion in der Berliner-Kindl-Schultheiss-Brauerei still. Keine Flasche Berliner Kindl, kein Tropfen Schultheiss, kein Schluck Berliner Pilsner soll das Werk an der Indira-Gandhi-Straße in Alt-Hohenschönhausen verlassen, wenn es nach der Gewerkschaft geht. Um 21 Uhr haben die Beschäftigten dort ihre Arbeit niedergelegt.
Berlin ist nicht nur vom Streik betroffen, sondern spielt eine zentrale Rolle: Von den 246 angekündigten Streikstunden in der Branche entfallen allein 115 auf die Hauptstadt.
„Wir sind der Streikschwerpunkt“, betont Uwe Ledwig, der Landesbezirksvorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG).
Gewerkschaft lehnt Angebote ab
Am Brauereistandort, der zur Radeberger Gruppe mit Zentrale in Frankfurt am Main gehört, arbeiten Ledwig zufolge 350 Menschen, darunter auch bei den verbundenen Logistikunternehmen Spree-Trans und REB Service. Diese sind ebenfalls vom Ausstand betroffen.

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Die NGG bezeichnet bisherige Angebote der Arbeitgeber als unzureichend. Die Radeberger Gruppe habe zuletzt eine Lohnerhöhung von 2,2 Prozent für 2025 und weitere 2,0 Prozent für 2026 angeboten.
Das alte Angebot der Radeberger Gruppe schmeckt für die Beschäftigten wie schales Bier.
Uwe Ledwig, Landesbezirksvorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG)
Angesichts der hohen Lebenshaltungskosten in der Hauptstadt sei das viel zu wenig. „Das alte Angebot der Radeberger Gruppe schmeckt für die Beschäftigten wie schales Bier“, kommentiert Ledwig. Der Arbeitgeber wollte sich im Tagesspiegel nicht zu den laufenden Verhandlungen äußern.
Die Berliner-Kindl-Schultheiss-Brauerei ist einer von bundesweit elf Standorten der Radeberger Gruppe, der größten Brauereigruppe Deutschlands. Die Marken Berliner Pilsner, Berliner Kindl, Schultheiss gehören dazu. Insgesamt vereint die Gruppe 60 Biermarken. Oberflächlich betrachtet wirken sie wie lokale Produkte mit eigener Tradition und Fertigung.

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Doch dahinter steht der Großkonzern, der nach eigenen Angaben eine Produktionskapazität von 1,5 Millionen Hektolitern pro Jahr hat, die in Flaschen und Fässer abgefüllt werden. Diese Menge entspricht 750 Millionen Halb-Liter-Flaschen.
Bei Bedarf wird die Produktion auch standortübergreifend organisiert: Welche Sorte wo gebraut wird, hängt weniger von regionaler Identität als von Auslastung und Marktstrategien ab.
Laut Schätzung der NGG stellt allein der Berliner Standort bis zu 100.000 Flaschen pro Stunde her.

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Auch in anderen Brauereien stehen die Bänder still: Laut NGG wird in Sachsen-Anhalt Hasseröder bestreikt, außerdem Veltins, Krombacher, Diebels und die Dortmunder Actien-Brauerei.
In Norddeutschland betrifft der Warnstreik laut „Lebensmittel Zeitung“ unter anderem die Flensburger Brauerei sowie die Hamburger Carlsberg-Brauerei, zu der Astra und Holsten gehören. In Niedersachsen ist Jever betroffen.
Das Feierabendbier in der Kneipe oder die nächste Grillparty dürfte aufgrund des Streiks zunächst nicht in großer Gefahr sein. Die Lager sind laut Gewerkschaft noch gut gefüllt, bei bestimmten Sorten könne es allerdings knapp werden.
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