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Winterwetter: Glatt versagt

Frustthema Winter: Hunderte Berliner landen mit Knochenbrüchen in Kliniken. Die Stadtreinigung kämpft nun im Sondereinsatz gegen ungeräumte Gehwege.

Hoffnung für eisgeplagte Passanten: Die Stadtreinigung (BSR) räumt oder bestreut nun auch Gehwege, Haltestellen oder Plätze, für die sie nicht zuständig ist. So wurde und wird auch auf eisigen Nebenstraßen Splitt gestreut. Trittsicherer durch flächenhaft aufgebrachtes Streumaterial wurde unter anderem auch der Breitscheidplatz. Weitere Anlagen wie die Wilmersdorfer Straße, die Dathe-Promenade in Friedrichsfelde oder die Altstadt Spandau sollen folgen, kündigte die BSR am Montag an.

Die BVG selbst wird an ihren Haltestellen nicht aktiv. Zum Entfernen des Eises gebe es keine Mitarbeiter, heißt es im Unternehmen. Zudem befürchtet man, dass bei einem Eingreifen dies als Präzedenzfall gewertet werde und die BVG in Zukunft Aufgaben übernehmen müsste, für die gesetzlich andere zuständig seien. Schnee- und eisfrei hält sie dagegen, wie berichtet, die Treppen bei den Zugängen zu U-Bahnhöfen. Damit sind private Unternehmen beauftragt, die ihre Verträge bisher eingehalten haben.

Auch dort, wo von der Stadtreinigung beauftragte Subunternehmer nicht geräumt oder gestreut haben, vor allem also auf Radwegen und an BVG-Haltestellen, greife man nun selbst ein, teilte der Leiter der Straßenreinigung bei der BSR, Winfried Becker, mit. Seit dem vergangenen Donnerstag habe man zudem 400 Einsätze, sogenannte Ersatzvornahmen, die von Ordnungsämtern angeordnet worden waren, vorgenommen; davon allein 190 am Wochenende. Die pflichtvergessenen Eigentümer müssen dann die Rechnung bezahlen.

Der Sondereinsatz der BSR endet allerdings beim nächsten Schneefall, weil dann zunächst wieder die Hauptstraßen und Autobahnen bearbeitet werden. Und die Meteorologen haben bereits für den kommenden Mittwoch erneute Schneefälle angekündigt.

Auf eisglatten Straßen und Gehwegen sind in den vergangenen Tagen viele Fußgänger schwer gestürzt. Im Klinikum Benjamin Franklin in Steglitz seien allein am Wochenende 108 Patienten behandelt worden, die auf dem Eis ausgerutscht waren, sagte eine Charité-Sprecherin am Montag. Es sei sogar zu offenen Knochenbrüchen gekommen, die operiert werden müssten, sagte Unfallchirurg Tobias Lindner von der Charité. Im Unfallkrankenhaus in Berlin-Marzahn wurden seit Freitag rund 250 Unfallpatienten nach Stürzen eingeliefert, wie eine Sprecherin sagte. Jeder Zweite müsse operiert werden; neben Brüchen der Ober- und Unterschenkel  wurden viele gebrochene Hand- und Sprunggelenke registriert.

Die Grünen warfen dem Senat bei der Glättebekämpfung „völliges Versagen“ vor. Weder der Senat noch private Grundstücksbesitzer kämen ihrer Verpflichtung nach, die Gehwege zu räumen, kritisierte Verkehrsexpertin Claudia Hämmerling. Das Betreten von Gehwegen und Haltestellen sei mit „erheblichen Gesundheitsrisiken“ verbunden. Hämmerling forderte, das Thema auf die Tagesordnung des Verkehrsausschusses zu setzen. Dort solle der Senat erklären, was er tun wolle, um das „Eis-Chaos“ zu beseitigen. Außerdem wollen die Grünen Auskunft erhalten über den möglichen finanziellen Schaden für das Land Berlin infolge von Schadenersatzforderungen der Menschen, die zu Fall gekommen seien. Auch vor öffentlichen Gebäuden ist häufig nicht geräumt.

Die Feuchtsalzvorräte der Stadtreinigung reichten derzeit noch, sagte BSR-Sprecher Bernd Müller. Erst bei einem noch längeren Wintereinsatz müsse auf den Hauptstraßen eine Mischung aus Salz und Splitt gestreut werden. Die Vorräte gehen bundesweit zurück, weil die Bergwerke das Salz nicht mehr in der jetzt benötigten Menge liefern können. kt/ddp

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