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Die Greenpeace-Aktion mit gelber Farbe am Großen Stern war Vielen ein Ärgernis.

© Paul Zinken/dpa

Großer Stern in Berlin: Greenpeace: „Protest der niemanden stört, ist keiner“

Nach der Farbaktion am Großen Stern: Greenpeace-Sprecher Meyer-Krotz über verärgerte Berliner, Sinn von Protest – und wer die Rechnung der BSR zahlt. Ein Gastbeitrag.

Ein Protest der niemanden stört, ist keiner. Der strahlendgelbe Protest unserer Greenpeace-Aktivisten an der Siegessäule Ende Juni aber scheint mehr Menschen gestört zu haben als wir erwartet hatten. Früh am Morgen verschütteten Klimaschützer auf dem Großen Stern gelbe Farbe, ökologisch unbedenklich und abwaschbar. Der morgendliche Autoverkehr verteilte sie so, dass aus der Luft gesehen das Bild einer riesigen Sonne entstand.

Es war ein symbolischer Appell an die Kohlekommission, die an diesem Tag zum ersten Mal in Berlin zusammenkam. Sie wird ihre Hauptaufgabe, dem anstehenden Ausstieg aus der Kohle ein Datum zu geben, das die Reviere und das Klima schützt, nur dann erreichen, wenn Deutschland konsequent saubere Energien aus Sonne und Wind ausbaut.

Diese Botschaft ist angekommen. Sie tauchte in vielen Artikeln und Berichten auf, auch in der Kohlekommission wurde das Bild an diesem Tag herumgereicht. Menschen, die enttäuscht und verärgert sind von Deutschlands verheerender Klimabilanz, begrüßten die Aktion. Andere jedoch waren weniger begeistert. Viele fürchteten Umweltschäden durch die Farbe, manche die Farbkleckse auf ihrem Auto, wieder andere sorgten sich um die Verkehrssicherheit am Großen Stern.

Beantworten Sie die Fragen und machen Sie mit bei der Aktion "Deutschland spricht"!

Protestaktionen von Greenpeace sind oft spektakulär, aber es liegt uns Aktivisten fern, Mensch oder Umwelt zu schädigen. Deshalb hatten wir gleich zu Beginn an jeder Zufahrt des Kreisverkehrs mit Schildern vor einer nassen Fahrbahn gewarnt, und deshalb hatten sie eine besondere Farbe ausgewählt.

Das leuchtende Gelb besteht aus Kreide und Farbpigmenten, beide nicht wasserlöslich, sowie Methylcellulose, einem harmlosen Stoff, den auch die Lebensmittelindustrie zur Verdickung nutzt. Die so entstandene Farbe ist ökologisch unbedenklich. Sie kann mit Wasser abgewaschen werden, auf der Straße würde sie nach ein paar Regengüssen verschwinden.

Das soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Aktion mit Unannehmlichkeiten verbunden war. Autoreifen wurden gelb, Fahrzeuge beschmutzt, die Stadtreinigung ließ den Kreisverkehr mit mehreren Fahrzeugen und viel Wasser reinigen. Auch Berlins Umweltsenatorin zeigte nur eingeschränktes Verständnis. Derzeit sind wir im Austausch mit ihr zu den Folgen des Protests.

Selbstverständlich wird Greenpeace die entstandenen Kosten für die Reinigung übernehmen. Unsere Aktivisten hatten sich bemüht, diese Ärgernisse so gering wie möglich zu halten, sie bedauern, dass diese nicht gänzlich zu vermeiden waren. Dennoch konnten sie ihr wichtiges und berechtigtes Anliegen transportieren.

Der Protest zielt auf etwas ab, das die Lebensgrundlage von Millionen Menschen in aller Welt bedroht: die Klimakrise. Deren fatale Folgen zeigen sich auch in Deutschland immer deutlicher. Trockenzeiten nehmen überhand, Starkregenereignisse nehmen zu. Selbst Kanzlerin Merkel nennt den Kampf gegen den Klimawandel eine Frage des Überlebens.

Deutschland könnte Vorbild sein

Die deutsche Energiewende galt der Welt einmal als Antwort auf die Herausforderung des Klimawandels. Ein großes Industrieland deckt innerhalb weniger Jahre ein gutes Drittel seines Strombedarfs mit erneuerbaren Energien – das könnte eine ermutigende und anspornende Nachricht für die Welt sein.

Doch die enormen Fortschritte bei den Erneuerbaren schlagen sich nicht in Deutschlands CO2-Bilanz nieder. Obwohl Deutschland immer mehr sauberen Strom erzeugt, stagniert wegen des anhaltend hohen Kohleanteils im Strommix der Ausstoß an Treibhausgasen seit fast zehn Jahren. Diese fatale Nachricht raubt der Energiewende jede Strahlkraft.

Auch das müssen die Mitglieder der Kohlekommission im Kopf behalten, wenn sie am Freitag zum zweiten Mal zusammenkommen. Nur wenn die schmutzigsten Kohlekraftwerke schnell durch erneuerbare Energien ersetzt werden, wird die Energiewende zu einem Erfolg für den Schutz des Klimas und damit zu einem Vorbild für andere Länder.

Michael Meyer-Krotz

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