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Grüne fürchten Abwärtsspirale bei der BVG: „Im Jahr 2024 kann man nicht mehr behaupten, das geht technisch nicht“
Die BVG steckt in der Krise, zu wenig Fahrzeuge und zu wenig Personal. Die Grünen werfen der CDU-SPD-Koalition vor, tatenlos zuzusehen. Und fordern von der BVG mehr Ehrlichkeit.
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Die Berliner Grünen kritisieren, dass die schwarz-rote Koalition der BVG den Geldhahn zudrehen will. Dies würde das gerade massiv kriselnde Verkehrsunternehmen in eine „Abwärtsspirale“ bringen, sagte die Verkehrsexpertin der Fraktion, Antje Kapek, am Dienstag: „Wenn wir jetzt nicht investieren, leiden die Fahrgäste.“ Von der BVG fordern die Grünen mehr Ehrlichkeit und bessere Informationssysteme.
Hintergrund der Sorge sind die anstehenden Verhandlungen über den Verkehrsvertrag. Rot-Rot-Grün erhöhte die Zuschüsse an die BVG in dem von 2020 bis 2035 geltenden Vertrag sehr stark. 2020 waren es 400 Millionen, 2024 schon 796 Millionen. Nur so konnte unter anderem die Bestellung der neuen U-Bahnen und Straßenbahnen finanziert werden. Allerdings ist in dem Vertrag eine Revision alle fünf Jahre vereinbart, sagte Kapek.
Neue U-Bahnen könnten über Kredite finanziert werden
Diese Revision werde „der Hebel sein, um massive Kürzungen bei der BVG durchzusetzen“, erwartet Kapek. Entsprechende Signale von Schwarz-Rot habe es schon gegeben, konkrete Zahlen über mögliche Einsparungen habe die CDU-geführte Verkehrsverwaltung bislang allerdings nicht genannt. Die neue Senatorin Ute Bonde habe noch nichts unternommen. „Seit einem Jahr liegt alles auf Eis, es herrscht kompletter Stillstand.“ Niemand wisse, wie viel Geld die BVG künftig bekomme.
Da auch die Grünen um die Krise im Berliner Haushalt wissen, fordert die Fraktion, neue Fahrzeuge künftig über Kredite zu finanzieren. So werden die neuen S-Bahn-Züge von der eigens gegründeten „Landesanstalt für Schienenfahrzeugbeschaffung“ gekauft. Diese könnte auch U-Bahn-Wagen beschaffen, quasi über eine Art Schattenhaushalt finanziert, so Antje Kapek und Fraktionskollegin Oda Hassepaß am Dienstag im Abgeordnetenhaus.
Die Fahrzeugkrise hat ihren Ursprung in der Sparpolitik nach der Jahrtausendwende. Viele Jahre wurden keine neuen Züge bestellt. Die Folgen wurden seit dem Sommer dramatisch spürbar: Die Zahl der Ausfälle bei der U-Bahn stieg drastisch an. Selbst auf wichtigen Linien gab es Lücken im Takt von 20 Minuten oder mehr.
Erst die Grünen hatten umgesteuert und nach 2016 die größte Bestellung der BVG-Geschichte auf den Weg gebracht. Vereinbart ist die Lieferung von 1000 Wagen. Schon jetzt ist Kapek sicher: „1000 Wagen reichen nicht.“ Die Grünen fordern, die mit dem Hersteller optional vereinbarten 1500 Wagen komplett fest zu bestellen.
Die neuen Züge funktionieren nicht
Ein zusätzliches Problem der BVG ist: Die neuen Züge funktionieren nicht. Der erste Prototyp ist zwar im Januar vorgestellt worden, doch haben die Wagen „Softwareprobleme“, wie es bei der BVG hieß. Zuletzt hieß es, dass der Testbetrieb Anfang 2025 starten könne.
Grundsätzlich fordern die Berliner Grünen von der BVG mehr Ehrlichkeit. Fahrzeug- und Personalmangel seien zu lange verschleiert und verschwiegen worden. Die Deutsche Bahn sei ehrlicher, so die Abgeordneten. Ausfälle würden dort vernünftig angezeigt und Alternativen vorgeschlagen. Wie berichtet, funktioniert bei der BVG die Fahrgastinformation in der App oder in den Bahnhöfen nur mangelhaft. Die BVG kündigt sei Jahren Besserungen an, die es aber noch nicht gibt.
Auf dem Höhepunkt der aktuellen Krise Ende September war Fahrgästen aufgefallen, dass viele Anzeigen in den U-Bahnhöfen ganz abgeschaltet waren. Hauptproblem der BVG-Technik ist, dass diese nicht mit ausfallenden Zügen umgehen kann. Auch die App versagt hier vielfach.
„Im Jahr 2024 kann man nicht mehr behaupten, das geht technisch nicht“, ärgert sich Kapek. Sie forderte die BVG auf, „bei der Bahn anzurufen und zu fragen, welche Software sie nutzt“.
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