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Berlin: Grusel in den Genen

Joe Hill, der Sohn von Horror-Kaiser Stephen King, stellt seinen Schocker im Szene-Club vor

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Eltern, sperrt die Kinder ein: Joe Hill ist in der Stadt. Der neue Star am Horror-Himmel sieht zwar aus, als könne er kein Wässerlein trüben, aber er stammt aus einer Dynastie gefährlicher Angstmacher. Joseph Hillstrom King – so sein bürgerlicher Name – ist der Sohn von Stephen King, des Auflagenkaisers der Horrorliteratur. Jahrelang hat sich der 35-jährige Filius als Autor von Kurzgeschichten hinter dichtem Bartwuchs und seinem Pseudonym versteckt. Doch vor ein paar Monaten flog die Sache zur Freude der weltweiten Horrorfangemeinde im Internet auf. Natürlich reiner Zufall, dass das pünktlich zum Erscheinen des Romandebüts von Joe Hill passierte. Vater Stephen gab dem Sohn dann prompt den Ritterschlag. „Blind“ sei „ein Arschtritt von einem Buch“, ließ er sich überall zitieren. Mit diesem Gütesiegel schoss der Schmöker in den US-Bestsellerlisten sofort nach oben. Warner Brothers hat die Filmrechte für eine Million Dollar gekauft, und 20 Länder orderten die Buchrechte.

In Berlin war Joe Hill noch nie, auch in Deutschland nicht, „aber früher hab’ ich die Scorpions gehört“. Er sei furchtbar aufgeregt, die Stadt zu entdecken, meint er. Statt einer seriösen Lesung in einem ordentlich Kulturkaufhaus, wo Bestseller sonst vorgestellt werden, hat er sich für eine schummerige Clubtour entschieden. Warum? „Weil ich kein ordentlicher, seriöser Typ bin“, quietscht Joe Hill los. Er habe lieber Musik dabei und wolle mit den Leuten feiern. Tatsächlich wird der Abend lauter. Neben der englisch- deutschen Lesung von Joe Hill und Tommy Morgenstern, der deutschen Stimme von Beavis & Butthead, gibt’s Krawallmusik von „Big Boy“. Die Glam-Gothic-Rocker aus Hamburg passen ideal zur Zielgruppe von „Blind“: angegraute Heavy-Metall-Fans, Horrorfreunde jeden Alters und vor allem – Studenten oder Azubis, die an Gespenster glauben. Ob Joe Hill an Gespenster glaubt? „Na, auf dem Friedhof würde ich nicht gerade schlafen“, lacht er los. Und nicht jeder Aberglaube sei Unfug. „Aber ich grusele mich nicht beim Schreiben oder Lesen, für mich ist das einfach Arbeit.“

Wie der Vater Stephen ist auch der Sohn Rockfan. „Früher hab’ ich Guns N’Roses gehört, AC/DC, Aerosmith oder Led Zeppelin – das ist Musik, die eine Waffe oder auch ein Schutzschild gegen die Welt sein kann.“ Deswegen ist Judas Coyne, der Held in „Blind“, auch ein alternder Heavy-Metall-Star. Laute Musik, Drogen und zu viel Groupies sind dem so auf’s Gehirn geschlagen, dass er sich die Seele eines Toten im Internet bestellt. Das Böse kommt per UPS-Paket, blutiger Psychoterror und familiäre Erkenntnisse inklusive. Schlimme Vaterfiguren kämen in allen seinen Geschichten vor, sagt Joe Hill. Stimmt, in „Blind“ zerquetscht Papa mal eben die Hand des Gitarre spielenden Sohnes in der Kellertür. „Das kann ich nur machen, weil es bei mir und meinem Vater ganz anders ist: wir sind dicke Freunde.“ Stephen King sei einer von den Guten, als Vater und als Mensch. „Das wollte ich mit der Widmung im Buch mal allen sagen.“

Joe Hill und Big Boy: heute um 20 Uhr im White Trash Fast Food, Schönhauser Allee 6-7, Prenzlauer Berg

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