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Handel mit Terminen der Berliner Ausländerbehörde: SPD-Politiker und Opposition fordern Innenverwaltung zum Eingreifen auf
Es wäre naiv zu hoffen, dass sich das Problem bald lösen werde, sagt der Abgeordnete Orkan Özdemir (SPD). Grüne und Linke fordern eine Terminvergabe vor Ort.
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Der SPD-Abgeordnete Orkan Özdemir fordert die Innenverwaltung auf, gegen den Handel von Terminen der Berliner Ausländerbehörde vorzugehen. „Ich wünsche mir, dass die klugen Köpfe in der Innenverwaltung zusammenkommen und eine Möglichkeit erarbeiten, um diesen unethischen Machenschaften ein Ende zu bereiten“, sagte Özdemir, der integrationspolitischer Sprecher seiner Fraktion ist, dem Tagesspiegel.
„Hier darauf zu hoffen, dass sich das Problem sehr bald lösen wird, wäre naiv“. Die Fluchtsituation in Berlin sei eindeutig und werde sich nicht sehr bald entspannen. Özdemir verwies auf ähnliche Vorfälle bei Terminen der Zulassungsstelle und der Bürgeramtstermine. „Die Probleme hat man seinerzeit geklärt, in dem man die Terminlage verbessert hat, sodass sich jene Handlungspraxen nicht mehr gelohnt haben.“
Wie der Tagesspiegel berichtete, greifen Privatpersonen sowie Onlinedienste die Termine in Berlins Landesamt für Einwanderung (LEA) ab, um sie zum Verkauf anzubieten. Die von SPD-Senatorin Iris Spranger geführte Innenverwaltung sagte, ihr sei das Problem bekannt. Es gebe nach aktueller Bewertung „keine rechtliche und im Moment auch keine technische Handhabe, derartige Angebote und die Terminbuchungen durch diese Anbieter gänzlich auszuschließen“, hieß es.
Zwei-Faktor-Authentisierung und Terminvergabe vor Ort
Jian Omar, migrationspolitischer Experte der Grünen, beschäftigt sich seit Monaten mit dem Thema. Er wirft dem Einwanderungsamt vor, sich vor der Verantwortung zu drücken. „Technische Defizite können selbstverständlich behoben werden“, sagt er. So könne man etwa mit einer Zwei-Faktor-Authentisierung arbeiten, in dem man seinen online gebuchten Termin per SMS bestätigen muss. Er schlägt auch vor, dass Termine morgens direkt bei der Behörde vergeben werden, wie es in der Vergangenheit teils der Fall war. Dies würde den vielen verzweifelten Menschen helfen, die keine Termine finden und deren Aufenthaltstitel ablaufen.
„Ausländische Studierende, Fachkräfte und Geflüchtete verlieren Jobangebote, können nicht verreisen und können keine Verträge abschließen, weil ihre Aufenthaltstitel abgelaufen sind“, sagt er. Die Landesbehörde und Innenverwaltung könnten hier nicht immer mit den Schultern zucken. Omar fordert die personelle und strukturelle Stärkung der Behörde.
Es ist ein Skandal, dass es die Innenverwaltung hat soweit kommen lassen, dass dubiose Firmen Profit aus der Verzweiflung von Menschen schlagen.
Eilf Eralp, migrationspolitische Sprecherin der Berliner Linksfraktion
Ähnlich sieht es die Abgeordnete Elif Eralp (Linke). „Es ist ein Skandal, dass es die Innenverwaltung hat so weit kommen lassen, dass dubiose Firmen Profit aus der Verzweiflung von Menschen schlagen“, sagte die migrationspolitische Sprecherin ihrer Fraktion. Das LEA müsse seine Erreichbarkeit sicherstellen und zeitnah Termine vergeben. Auch sie fordert eine Terminvergabe vor Ort. Sie wirft dem Senat vor, Vorschläge für Alternativen zur Online-Terminvergabe bislang abgelehnt zu haben.
Eralp etwa plädiert bei auslaufenden Aufenthaltstiteln, dass von Amts wegen eine Terminmitteilung zur Verlängerung der Aufenthaltsdokumente erfolgt. Die Innenverwaltung hatte dies in der Antwort auf eine schriftliche Anfrage mit der Begründung des „enormen Aufwands“ abgelehnt. Das Vorgehen sei auch „aufgrund der aktuellen Belastungssituation“ durch das LEA nicht zu leisten. Die Abgeordnete Eralp fordert eine externe Qualitätskontrolle für die Arbeit der Behörde, damit „dysfunktionale Arbeitsabläufe und Strukturen“ unter die Lupe genommen werden können.
Katharina Senge, integrationspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, hält von einer Abkehr von Online-Terminbuchungen nichts. „Im Gegenteil: Die Digitalisierung kann Prozesse beschleunigen und vereinfachen“, sagte sie dem Tagesspiegel. Dass Menschen mit der Not anderer Geld verdienten, dafür habe sie „null Verständnis“. Auch sie spricht sich vor diesem Hintergrund für eine personelle Aufstockung des LEA aus.
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