Meine Woche (129): Hauptstadt

Hallo Ahmad. Während die ausländischen Medien begeistert über die deutsche Hauptstadt schreiben, haben die Berliner das Gefühl, dass nichts hier funktioniert. Was ist Ihr Eindruck?

Die Stadt ist sicher nicht perfekt. Aber die Atmosphäre ist schön. Ich mag, dass Berlin multikulturell ist. So fühle ich mich wohler und sicherer.

Sie leben nun seit fast drei Jahren hier. Was gefällt Ihnen?

Meist kleine Dinge. Jamsessions, die kleinen Kinos, die Parks – all das vermittelt ein Gemeinschaftsgefühl. Die Menschen wollen etwas verändern, etwas verbessern. Trotzdem ist Berlin für mich nicht das Paradies. Ich glaube nicht, dass ich noch lange hier leben werde. Vor allem, weil ich es mir nicht mehr leisten kann. Die Gentrifizierung greift um sich. Ich habe letztens ein Studentenwohnheim gesehen, in dem ein Ein-Zimmer-Apartment über 600 Euro kostete. Welcher Student soll sich das leisten?

Wo würden Sie denn hinziehen wollen?

Andere europäische Großstädte sind auf jeden Fall teuer. Und London fällt schon wegen des Brexits aus. Wien ist schön, aber sieht an einigen Stellen aus wie ein Museum. Irgendwann möchte ich mal im Süden Europas leben. Spanien, Portugal, Griechenland. Als ich in Griechenland war, sind mir die freundlichsten Leute überhaupt begegnet.

Und in Deutschland umziehen?

Nach Hof zu gehen wäre sicher mit das Einfachste. Ich könnte bei den Eltern meiner Freundin Toni leben. Mein bester Freund Bartl kommt aus München, auch dort war ich schon öfter, aber das ist mir zu sauber. Dresden ist schön, aber was dort in der Politik passiert, gefällt mir nicht. Vielleicht Hamburg oder Köln. Oder Nürnberg, dort leben einige Freunde von mir. Ich würde immer in eine Stadt ziehen, wo ich schon Leute kenne. Das macht alles einfacher. Vorerst bleibe ich aber in der Hauptstadt. Das heißt auf Arabisch Aasemeh.

Die Fragen stellte Helena Wittlich.

Ahmad Al-Dali