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Innensenator Frank Henkel (CDU).

© dpa

Berliner CDU im Wahlkampf: Henkel rüstet verbal bis an die Schmerzgrenze auf

Von "verrohten Personen" und "barbarischen Verbrechen" sprach Berlins Innensenator Frank Henkel. Nach dem Terror verwendet die CDU wütende Rhetorik. Die Politik ändert das wohl nicht.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

In Zeiten des Terrors und der Verunsicherung ist die Berliner CDU bemüht, ihr Profil weiter zu schärfen – als Garant von Sicherheit, Recht und Ordnung. Zwei Monate vor der Berliner Wahl, die der rechtspopulistischen AfD voraussichtlich ein weiteres Erfolgserlebnis bescheren wird, rüstet der CDU-Spitzenkandidat und Innensenator Frank Henkel bis an die Schmerzgrenze rhetorisch auf.

Vorläufiger Höhepunkt war die Äußerung am Montag, „dass wir offenbar einige völlig verrohte Personen importiert haben, die zu barbarischen Verbrechen fähig sind“. Henkel sprach nach den Verbrechen in Würzburg und Ansbach von „tickenden Zeitbomben“, das müsse man alles klar und tabulos benennen. Von Anfang an hatte der Berliner CDU-Chef die liberale Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin und Parteichefin Angela Merkel skeptisch begleitet, wenn auch nach außen hin immer loyal.

Aber jetzt ist Wahlkampf – und die AfD sitzt der Union im Nacken. Auf der anderen Seite des Parteienspektrums stehen nur noch Grüne und Linke, Sozialdemokraten und Liberale. Da liegt es auf der Hand, dass die CDU ihre konservativen Seiten neu entdeckt und lautstark verbreitet. Der CDU-Landesverband habe schon immer darauf gedrängt, den Kurs der Flüchtlingspolitik an neue Herausforderungen anzupassen, sagte der CDU-Generalsekretär Kai Wegner am Dienstag dem Tagesspiegel. Vieles davon sei mittlerweile umgesetzt, etwa die Wohnsitzauflage oder die Einstufung des Westbalkans als sichere Herkunftsländer.

Keine Abschiebung in Krisengebiete

Senator Henkel habe schon 2015 gefordert, dass die Zahl der Flüchtlinge deutlich sinken müsse, erinnerte Wegner. Und jetzt sei die Zeit, „den Menschen, die zu uns kommen, klar zu sagen, was wir von ihnen erwarten“. Wer sich nicht integrieren wolle, könne nicht bleiben. Eine Abschiebung in Krisengebiete, die der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) jetzt ins Spiel bringt, ist in Berlin allerdings kein Thema. „Es erscheint derzeit kaum vorstellbar, dass ein syrischer Asylbewerber keinen Schutzstatus erhält“, teilte die Innenverwaltung auf Anfrage mit. Ausnahmen von der Schutzgewährung seien bundesweit nur bei besonders schweren Straftaten möglich. Davon unbenommen seien mögliche Überstellungen nach dem Dublin-Verfahren, also in andere Staaten der EU.

Zwar hat sich die Zahl der Abschiebungen in Berlin im ersten Halbjahr 2016 auf 1068 erhöht. Das waren drei Mal so viele Menschen wie im Vorjahreszeitraum. Doch in 85 Prozent der Fälle wurde nach Serbien, Bosnien, Kosovo und Albanien abgeschoben. Eine Änderung der Berliner Abschiebepraxis ist trotz der Terrorangriffe in Deutschland nicht erkennbar. Und solange Henkel den starken Worten keine einsamen Entscheidungen folgen lässt, lässt man ihn gewähren. Entsprechend müde fiel die Kritik an ihm aus. Die SPD-Arbeitsgruppe „Migration und Vielfalt“ warf Henkel vor, „an niedere Instinkte zu appellieren und die Brücke von der CDU zur AfD zu schlagen“. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) wollte sich nicht äußern.

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